1946: Die südlichsten Kurileninseln werden sowjetisches Hoheitsgebiet

aus OWEP 4/2017  •  von Christof Dahm

Dr. Christof Dahm: Mitglied der OWEP-Redaktion.

Zu den Kuriositäten der Geschichte des 20. Jahrhunderts gehört die Tatsache, dass es zwischen der Sowjetunion (bzw. Russland) und Japan, die erst kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs im August 1945 zu Kriegsgegnern wurden, bis heute keinen Friedensvertrag gibt. Ursache dafür ist der Konflikt um einige kleinere Inseln der Kurilen, die nördlich an die japanische Insel Hokkaido anschließen.

Die Abgrenzung der territorialen Ansprüche in dieser Region geht bis in die Zeit der Öffnung Japans im 19. Jahrhundert zurück. Auf eine vorübergehende Aufteilung der Kurileninseln zwischen Russland (Nordteil) und Japan (Südteil) folgte 1875 die Übergabe der gesamten Inselgruppe an Japan, das im Gegenzug seine Ansprüche auf die Insel Sachalin aufgab; den Südteil Sachalins gewann Japan dann infolge seines Sieges im russisch-japanischen Krieg 1904/05. Gemäß der Konferenz von Jalta (Februar 1945) sollte die gesamte Inselgruppe der Kurilen an Russland fallen, ebenso der Südteil von Sachalin. Am 2. Februar 1946, wenige Monate nach der Besetzung durch die Rote Armee, wurden die Inseln offiziell zu sowjetischem Hoheitsgebiet erklärt.

Der eigentliche Streit um die südlichsten Inseln der Kurilen (drei Inseln sowie eine kleinere Inselgruppe, teilweise nur wenige Kilometer von Hokkaido entfernt) rührt daher, dass die Sowjetunion 1951 den Vertrag von San Francisco, der offiziell den Kriegszustand der Alliierten mit Japan beendete, nicht unterzeichnet hat. Der Vertrag enthielt keine eindeutige Festlegung hinsichtlich der Kurilen, woraus Japan – von den USA unterstützt – bis heute den Anspruch auf die südlichsten Inseln erhebt, da diese nach japanischer Sicht nicht zu den Kurilen im engeren Sinne gehören.

An dieser Position, die von der UdSSR nicht geteilt wurde, hat sich trotz späterer Abkommen zwischen beiden Ländern bis heute nichts geändert. Verschiedene Versuche zu einer einvernehmlichen Regelung in den neunziger Jahren sind im Sande verlaufen. Ob das geplante Projekt einer riesigen Brücke zwischen Sachalin und Hokkaido, das im kommenden Jahrzehnt zu einer stärkeren wirtschaftlichen Verflechtung zwischen Russland und Japan führen soll, zur Lösung des erstarrten Konflikts beitragen wird, muss vorläufig offen bleiben.