1970: Nobelpreis für Literatur an Alexander Solschenizyn

aus OWEP 4/2017  •  von Thomas Gocke

Thomas Gocke: 2011-2017 Theologie und Geschichtsstudium an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, z. Zt. in der Ausbildung zum Pastoralreferenten des Bistums Münster.

Alexander Issajewitsch Solschenizyn wurde am 11. Dezember 1918 in Kislowodsk geboren und verstarb am 3. August 2008 in Moskau. Er diente im Zweiten Weltkrieg in der Roten Armee, wurde jedoch kurz vor dem Ende des Krieges von der militärischen Spionageabwehr verhaftet, da er sich in Briefen, die er von der Front schrieb, kritisch über Stalin geäußert hatte.

Im Gulag (oder GULag, Abkürzung für „Glawnoje uprawlenije isprawitelno-trudowych lagerej i kolonij“; deutsch „Hauptverwaltung der Besserungsarbeitslager und -kolonien“) kämpfte er mit seinen Mitinsassen ums Überleben, bis er im Februar 1953 entlassen wurde. Im Lager musste er sich mehrmals Operationen unterziehen, da er an Krebs erkrankt war. Nach seiner Lagerhaft wurde er in ein kasachisches Dorf verbannt. Die Verbannung wurde 1957 wieder aufgehoben. 1962 verfasste er eines seiner bekanntesten Werke, die Erzählung „Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch“, in der er die Lagerhaft verarbeitete und die in der Tauwetterperiode unter Chruschtschow publiziert werden konnte.

Nach dem Sturz Chruschtschows wurden Manuskripte von Solschenizyn vom KGB beschlagnahmt. Den Literaturnobelpreis, der ihm 1970 zuerkannt worden war, nahm er nicht persönlich entgegen, da er befürchtete, nicht mehr in die Sowjetunion einreisen zu dürfen. Ein Jahr zuvor hatte man ihn bereits aus dem UdSSR- Schriftstellerverband ausgeschlossen.

Als der KGB erste Teile seines Manuskripts „Der Archipel Gulag“ fand, welches die Lagerzustände im Stalinismus beschrieb, wurde der Roman eilends im Westen publiziert. Daraufhin wurde Solschenizyn am 13. Februar 1974 verhaftet und am nächsten Tag ausgewiesen. Er lebte dann in Deutschland, in der Schweiz und 17 Jahre in den USA, bevor er 1990 rehabilitiert wurde und seine sowjetische Staatsbürgerschaft zurück erhielt, was die Heimkehr nach Russland 1994 möglich machte. Nach seiner Rückkehr kritisierte er Gorbatschow und vor allem Jelzin für deren Politik. Solschenizyn warf ihnen vor, Russland zugrunde zu richten und die weltpolitische Rolle Russlands unnötigerweise zu schmälern.