Böhmische Dörfer

(Textkasten)
aus OWEP 4/2012  •  von Anna Knechtel

Anna Knechtel M. A. ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Adalbert-Stifter-Vereins München.

Böhmische Dörfer heißt ein 1987 erschienenes Buch über eine verlassene literarische Landschaft. Mit dieser war aber nicht die tschechische, sondern die deutschsprachige Literatur Prags und der böhmischen Länder gemeint, von der niemand mehr viel Ahnung hatte. Wieso aber wird etwas Unbekanntes, Unverständliches oder Rätselhaftes gerade als „böhmisches Dorf“ bezeichnet? Möglicherweise waren es die fremd klingenden Namen tschechischer Ortschaften, die diesen Eindruck bei den deutschsprachigen Bewohnern der böhmischen Länder oder bei Reisenden hinterließen. Plausibler ist aber eine ältere Herleitung: Nach dem Dreißigjährigen Krieg waren die böhmischen Länder verwüstet, die Landschaft verlassen, die Ortschaften zerstört – dies rief die Assoziation des Unheimlichen und Fremden hervor. Womöglich klingt darin auch eine noch ältere Erinnerung an die gebrandschatzten Dörfer der Hussitenkriege nach.

Kommt Ihnen das spanisch vor? Dann denken Sie an die böhmischen Dörfer der Tschechen: „Španielská vesnice“ (spanische Dörfer)!