Projektförderung durch Renovabis in Bulgarien

(Bericht)
aus OWEP 4/2009  •  von Monika Kleck

Dr. Monika Kleck ist Referentin in der Abteilung Projektarbeit und Länder bei Renovabis.

In Bulgarien befinden sich die Katholiken in einer Minderheit. In der kommunistischen Zeit wurden die katholischen Kirchen unterdrückt und eine Entwicklung war unmöglich. Nach der Wende entstanden drei Diözesen mit derzeit 56 Pfarreien. Langsam erwacht wieder ein pastorales und soziales Leben. Vor allem die verschiedenen Orden sind in Bulgarien aktiv. Diese Entwicklung wird von Renovabis unterstützt.

Durch den EU-Beitritt ist in Bulgarien die Schere zwischen arm und reich weiter gewachsen. Es gibt die niedrigsten Löhne in der EU, viele Menschen wandern aus, die Integration von Minderheiten ist äußerst mangelhaft. Durch die weit verbreitete Korruption ist das Vertrauen in Maßnahmen der Regierung gering. Damit steht die Kirche vor der Herausforderung, die pastorale Arbeit wieder aufzubauen und gleichzeitig Antworten auf die drängenden sozialen Fragen zu geben. In einer Diasporasituation kann dies vor allem durch Modelle und Kooperationen mit anderen Partnern gelingen.

Rückblick

Seit 1993 förderte Renovabis 122 Projekte mit einem Fördervolumen von 3,5 Millionen €. Momentan befinden sich noch 31 Projekte mit einer Fördersumme von 1 Million € in der Umsetzung.

In der Vergangenheit lag dabei der Förderschwerpunkt im Aufbau der pastoralen Infrastruktur, d. h. dem Bau von Kirchen und Gemeindehäusern, der Existenzhilfen für Priester, der Ausbildung von Personal für die Pastoral und der Unterstützung der Orden und ihrer Tätigkeiten (75 Projekte, davon 12 aktuell). Ein weiterer Schwerpunkt ist die Unterstützung sozialer Projekte. Hierbei handelt es sich vor allem um Projekte für Heimkinder oder Minderheitengruppen wie Roma. Bisher gab bzw. gibt es 40 soziale Projekte. Dabei arbeiten kirchliche Gruppen oft mit Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) zusammen. Außerdem konnten insgesamt 13 Stipendien bewilligt werden. Schließlich förderte Renovabis auch den Aufbau der Zivilgesellschaft. Im Bereich der Erwachsenenbildung und der politischen Bildung konnten hier Akzente gesetzt werden.

Konkrete Beispiele der Projektförderung

Pastorale Infrastruktur

Da durch die kommunistische Zeit fast die gesamte pastorale Infrastruktur im Land zerstört oder enteignet war und die katholische Kirche mit keinerlei Hilfe vom Staat rechnen kann, waren und sind die Aufbauhilfen im pastoralen Bereich essenziell. So konnten sich Gemeinden stabilisieren, etablieren und das kirchliche Leben einen Neuanfang nehmen. Ein Beispiel dafür ist der Aufbau einer Kirche und eines Gemeindezentrums in Pleven. Dort wurde die Gemeinde aus ca. 5.000 Gläubigen dabei unterstützt, eine Kirche zu bauen, in deren Kellerräumen das Gemeindeleben stattfindet. Die Franziskaner, die in der Gemeinde arbeiten, haben nun Räumlichkeiten, um die Pastoral zu vertiefen, die Kinder- und Jugendarbeit zu organisieren, Erwachsenenkatechese anzubieten und sozial tätig zu werden.

Als weiteres Modellprojekt ist der Aufbau des Roncalli-Zentrums in Sofia1 zu nennen. Im ehemaligen Wohnhaus von Angelo Roncalli, dem späteren Papst Johannes XXIII., wird ein spirituelles und geistliches Zentrum durch die Karmeliten eingerichtet. Das Zentrum soll die theologisch-spirituelle Kultur von Laien durch Angebote wie Exerzitien, Einkehrtage, Gespräche und thematische Veranstaltungen stärken.

Soziale Projekte

Wie in fast allen ehemals kommunistischen Ländern ist die Situation der in Heimen lebenden Kinder und Jugendlichen absolut prekär. Im Gegensatz zu Rumänien wird dieses Thema in Bulgarien kaum öffentlich wahr genommen. So werden die Kinder und Jugendlichen oft weiterhin in großen Gebäuden mit schlecht geschulten Erzieherinnen und Erziehern untergebracht. An ihrem 18. Geburtstag müssen viele die Heime verlassen und stehen auf der Straße. Gerade für Mädchen bedeutet dies, dass sie sehr leicht zu Opfern von Zwangsprostitution und Frauenhandel werden. Die Projekte „Protected Home Together“ in Sofia und „Berufsausbildung für Jugendliche aus Kinderheimen“ in Bratsigovo setzen hier an. In beiden Projekten wird Jugendlichen nach der Entlassung aus dem Heim die Möglichkeit einer Unterkunft und der Berufsausbildung geboten.

Bildung

Obwohl Katholiken im orthodoxen Bulgarien in der Minderheit sind, hat die Caritas eine starke Organisation aufgebaut. Diese übernimmt vielfältige Aufgaben im Bereich der Sozialstationen, Hauskrankenpflege, zum Kinder- und Jugendschutz oder auch in der Flüchtlingsbetreuung. Um den Mitarbeitern (darunter sehr viele orthodoxe Christen) im Netzwerk die Ziele und die Grundlagen der Caritasarbeit stärker vor Augen zu führen und um Freiwillige für die Mitarbeit zu gewinnen, hat die Caritas mit einem langfristig angelegten internen Fortbildungsprogramm begonnen.

Seit mehreren Jahren unterstützt Renovabis die Arbeit der NGO „FAR“ in Burgas.2 FAR arbeitet in der internationalen Begegnungsarbeit, bietet praktische Medienarbeit für Jugendliche an, organisiert Jugend- und Erwachsenenbildungsprogramme zu Themen der Zivilgesellschaft und ist in der Ausbildung von Multiplikatoren mit neuen didaktischen und pädagogischen Ansätzen aktiv.

Ausblick

Nach einer intensiven Unterstützung des Aufbaus der pastoralen Infrastruktur wird in der Zukunft voraussichtlich die pastorale Arbeit mit den Menschen mehr Raum einnehmen. Vorstellbar sind Initiativen z. B. im Bereich der Jugend- und Familienpastoral, der katholischen Erwachsenenbildung und Ausbildung der in der Pastoral tätigen Fachkräfte. Eine offene Frage ist die langfristige Finanzierung der kirchlichen Aktivitäten.

Unterstützt werden soll weiterhin die Arbeit der Orden in Bulgarien, die sowohl pastoral als auch sozial tätig sind. Erste Initiativen gibt es im Bereich des interreligiösen Dialoges. Ob sich diese weiterentwickeln, hängt von vielen Faktoren ab. Daher werden diese Initiativen weiter beobachtet und, wenn notwendig, unterstützt werden. Im sozialen Bereich wird das Thema der Randgruppen und der Heimkinder weiterhin aktuell sein. Eventuell können die zaghaften Anfänge eines Netzwerkes unterstützt werden. Kooperationen mit Organisationen aus dem Bereich der NGOs können die Initiativen der Kirchen dabei stärken. So können gemeinsame Modellprojekte aufgebaut werden. Auch kann man gemeinsam die Stimme im Dienst für die Menschen gegenüber dem Staat erheben. Weiterhin denken einige Partner darüber nach, wie sie im Bildungsbereich aktiv werden können, z. B. durch die Wiedererrichtung katholischer Schulen oder auch durch Maßnahmen der Erwachsenenbildung.

Renovabis wird alle diese Überlegungen beratend begleiten. Auch in Zukunft wird die Kirche jedoch in ihrer Minderheitensituation in Bulgarien viel Unterstützung benötigen, um auf die doppelte Herausforderung, die der Aufbau eigener Strukturen in der Pastoral und die gesellschaftlichen Anfragen im sozialen Bereich mit sich bringen, angemessen reagieren zu können.


Fußnoten:


  1. Vgl. dazu auch den Beitrag von Srećko Rimac in vorliegendem Heft (S. 300 der gedruckten Ausgabe). ↩︎

  2. Vgl. dazu auch den Beitrag von Violeta Kyoseva in vorliegendem Heft (S. 270-273 der gedruckten Ausgabe). ↩︎