Mittels der Medien durch die geschlossene Tür eintreten

Katholische Medienlandschaft in der Slowakei
aus OWEP 2/2010  •  von Marián Gavenda

Prälat Marián Gavenda war 2000-2006 Sprecher der Slowakischen Bischofskonferenz, 2000-2009 Chefredakteur der „Katholischen Zeitung“ (Katolícke noviny); gegenwärtig arbeitet er als Redakteur beim katholischen Fernsehsender „LUX“ und beim katholischen Radio „LUMEN“.

Die Slowakei gilt für viele Beobachter als christlich geprägtes Land, jedoch zeigen Untersuchungen, dass nur 10-15 Prozent der Gläubigen häufig Gottesdienste besuchen und die pastoralen Impulse der Kirche damit auch nur diesen Teil der Bevölkerung erreichen. Im „Pastoralplan der Slowakischen Bischofskonferenz für die Jahre 2001-2006“ wird die Situation wie folgt umschrieben: „Nur ein kleiner Teil der Gläubigen … nimmt regelmäßig an Gottesdiensten teil, wobei es regional bedeutende Unterschiede gibt. In der öffentlichen Meinung und in der Gesetzgebung werden christliche Grundsätze nicht respektiert. Die Gläubigen werden ständig Einflüssen ausgesetzt, die religiösen Grundsätzen zuwider laufen und eine Konsummentalität und den Zerfall der Familien fördern … Die Sexualerziehung führt kaum zu verantwortungsvollem Umgang mit der Geschlechtlichkeit; Presse und Fernsehen wirken sich in dieser Hinsicht sehr negativ aus. Das religiöse Nichtwissen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist alarmierend.“1 Zehn Jahre nach dem Zerfall des kommunistischen Systems ist der Zustand der Gesellschaft nach Ansicht der Kirche bedenklich und lässt sich gewiss nicht einseitig den Folgen der atheistischen Staatspropaganda zuschreiben. Hier kommen die modernen Massenmedien ins Spiel, denen im genannten Pastoralplan ein eigener Abschnitt (Punkt 1.6) gewidmet ist, worin die Kirche 22 Empfehlungen ausspricht. Darunter werden eine bessere Koordination der kirchlichen Medien, höhere Professionalität und Ausweitung der Tätigkeit gefordert. Festgehalten wird aber auch, dass die Kirche in diesem Bereich seit 1989 wertvolle Pionierarbeit geleistet hat.

Generell lassen sich drei Phasen in der Entwicklung der katholischen Massenmedien in der Slowakei aufzeigen:

  • die Phase der illegalen Tätigkeit (1948-1988),
  • die Pionierjahre der geistigen Wiedergeburt (1989-2000),
  • die Etappe der geplanten Strukturierung und Professionalisierung (seit 2000).

Die illegale Phase – Dienst zum Überleben des Glaubens

Mit Beginn des atheistischen Regimes begann der Versuch einer Liquidierung der Religion von den Wurzeln an, einschließlich des Verbots der religiösen Literatur. Vor 1944 gab es in der Slowakei 90 kirchliche Periodika in slowakischer Sprache, darunter am wichtigsten die „Katholische Zeitung“ (Katolícke noviny) mit einer Auflage von 180.000 Exemplaren (1947). Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg brachten viele christliche Verlage (u. a. der Dominikaner und Jesuiten) mit neuen Veröffentlichungen und Übersetzungen frischen Wind in die slowakische Gesellschaft, doch wurden die meisten Verlage bis Ende 1948 verboten. Erscheinen durften weiterhin die „Katholische Zeitung“, der „Geistliche Hirt“ (Duchovný pastier) und „Das Wort“ (Slovo), jedoch nur unter strenger Zensur und in geringer Auflage – von den öffentlichen Medien war die Kirche ansonsten völlig ausgeschlossen. Informationen gelangten über die Sendungen von „Radio Vatikan“, „Radio Free Europa“ und anderen ausländischen Stationen ins Land; außerdem wurden illegal auch Buchausgaben des Slowakischen Instituts in Rom und des Verlags „Gutes Buch“ aus Kanada in die Slowakei eingeschmuggelt. Eine große Rolle spielte schließlich das Genre des Samizdat, der von Hand vervielfältigten Untergrundliteratur; zwischen 1945 und 1989 wurden auf diese Weise 33 Zeitschriften und fast 900 Bücher geheim veröffentlicht.2

Die Pionierjahre der geistigen Wiedergeburt

Das erste Jahrzehnt der wiedererworbenen Freiheit wurde in der Slowakei die Zeit der Wiedergeburt der gewaltsam liquidierten Verlage und Zeitschriften. Insgesamt wurden ca. 15 Verlage und zahlreiche Zeitschriften (rund 40) erneuert, außerdem zahlreiche kleinere Periodika und Pfarreiblätter. In den öffentlich-rechtlichen Medien erhielten die religiösen Gemeinschaften einen angemessenen Platz. Dies hatte allerdings zur Folge, dass kirchliche Themen in den weltlichen Medien kaum aufgegriffen wurden bzw. nur im Falle von Skandalen oder negativen Schlagzeilen vorkamen. Obwohl die Kirchen damit im religiösen Ghetto blieben, steigerte sich ihr Ansehen insgesamt; so stieg z. B. der Anteil der Gläubigen der römisch-katholischen Kirche von ca. 3,2 Millionen im Jahr 1991 auf ca. 3,7 Millionen im Jahr 2001.

Die Etappe der geplanten Strukturierung und Professionalisierung

Leider hat, wie aus dem eingangs zitierten Pastoralplan hervorgeht, die Entwicklung des politischen und gesellschaftlichen Lebens in der Slowakei nach dem anfänglichen spontanen Aufbruch zu einem breiten Rückgang des religiösen Lebens geführt. Daher war es notwendig, die kirchlichen Massenmedien klar zu profilieren, die Adressaten genauer zu definieren und zu überlegen, wie sie erreicht werden können. Nach verlässlichen Angaben von 2004 stehen nur etwa 25 Prozent der getauften Katholiken mindestens einmal pro Jahr in direktem Kontakt mit der Kirche. Die übrigen 75 Prozent sind für die Kirche durch zwei Wege zu erreichen: (a) durch das Vorbild der praktizierenden Katholiken, (b) über die Massenmedien. Damit liegt es auf der Hand, dass die Kirche auf die Massenmedien ein größeres Augenmerk richten und mehr Priester dafür freistellen muss. Die folgenden strategischen Ziele wurden formuliert:

  • Förderung des Informationsflusses innerhalb der Kirche,
  • Ausbau und Pflege der Beziehungen zwischen den kirchlichen Einrichtungen und den Massenmedien,
  • Ausbau von Informations- und Evangelisierungsprogrammen,
  • Entwicklung von institutionellen Beziehungen zwischen den Ortskirchen und den Massenmedien,
  • Ausbau der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) mit dem Ziel, der Öffentlichkeit ein positives Image der Kirche zu vermitteln, ihre Botschaft deutlicher zu machen und über ihre Aktivitäten und ihren Beitrag für die Gesellschaft zu informieren.

Zur Umsetzung dieser Ziele werden Nachrichten und Informationen der Kirche für die Massenmedien vorbereitet, intern und nach außen verteilt und enge professionelle Beziehungen zu den Mitarbeitern der weltlichen Massenmedien unterhalten. Durch diese Strategie ist es seither trotz aller Probleme gelungen, eine Verbesserung der Darstellung der Kirche in der Gesellschaft zu erreichen.

Zur Rolle der kirchlichen Medien in der Gesellschaft

Im Pastoralplan der katholischen Kirche für die Jahre 2007-2013 liegt der Schwerpunkt auf der theologisch vertieften pastoralen Tätigkeit der Kirche. Die Massenmedien werden – anders als im vorhergehenden Pastoralplan – nur am Rande erwähnt, entwickeln sich aber im Rahmen der oben umschriebenen Möglichkeiten weiter. Eine rechtliche Grundlage dafür bietet der am 24. November 2000 geschlossene Grundvertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Slowakischen Republik.

Gegenwärtig stellt sich die Medienlandschaft in der Slowakei wie folgt dar:3

  • Fernsehen (bezogen auf Marktanteil)4
    31,2 Prozent: „TV Markíza“
    21,3 Prozent: „TV Joj“
    13,1 Prozent: „STV 1“
    12,0 Prozent: andere slowakische Sender
    5,9 Prozent: tschechische Sender

  • Rundfunkstationen (bezogen auf Zuhörer)5
    21,5 Prozent: „Rádio Express“
    18,1 Prozent: „Rádio Slowakei - SRo 1“
    15,7 Prozent: „Fun Radio“
    7,6 Prozent: „Jemné melódie“ (Zärtliche Melodien)
    6,7 Prozent: „Rádio Regina – SRo 2“

  • Tageszeitungen (verkaufte Exemplare)6
    150.296: „Nový Čas (Neue Zeit)“
    55.490: „Plus jeden deň“ (Plus einen Tag)
    54.852: „Sme“ (Wir)
    50.469: „Pravda“ (Wahrheit)
    23.576: „Korzár“ (Korsar)

  • Wochenzeitungen (verkaufte Exemplare)7
    182.215: „Nový Čas pre ženy“ (Neue Zeit für Frauen)
    148.775: „Plus 7 dní“ (Plus 7 Tage)
    131.195: „Báječná žena“ (Die fabelhafte Frau)
    114.347: „Život“ (Leben) 99.340: „Eurotelevízia“
    79.932: „Katolícke noviny“ (Katholische Zeitung)

Die Massenmedien werden ganz überwiegend kommerziell finanziert. Eine große Rolle spielt die Finanzgruppe „J&T a Penta“, die auch auf die Politik Einfluss zu nehmen sucht, um öffentliche Aufträge zu erhalten. Gegenüber der Kirche ist die Berichterstattung oftmals negativ, im Falle der Nachrichtenteile eher indifferent, d. h. im Mittelpunkt steht die Konsumhaltung der Bevölkerung, weniger eine ausgeprägte kirchenfeindliche Haltung.

Aus dem „Slovak Press Watch Monitoring“ von 2008 geht hervor, wie die führenden slowakischen Massenmedien über die Kirche im 2007 berichtet haben:

Daraus lässt sich festhalten, dass der slowakische Durchschnittsbürger aus den Medien erheblich mehr negative als positive Informationen über die Kirche erhält. Daher hat die katholische Kirche in der Slowakei eine Strategie entwickelt, die auf eine stärkere Resonanz religiöser Themen im öffentlich-rechtlichen und auch im kommerziellen Bereich zielt. Wesentlich ist dabei die Übermittlung positiver und neutraler Meldungen und Berichte, die zu einer Verbesserung des Bildes von Kirche und Religion beitragen. Dazu haben einige wichtige Schritte geführt. Erwähnt seien u. a. die formlosen Treffen von Kirchenvertretern mit Abgeordneten aller Parteien in der Vorweihnachtszeit seit 2003; diese haben zum Abbau von Misstrauen und Vorurteilen geführt und wichtige Brücken zu den nichtkirchlichen Medien gebaut.

Von großer Bedeutung ist außerdem die Tätigkeit junger Christen, die in den Massenmedien arbeiten, in der Vereinigung „Network Slovakia“. Neben Internetkommunikation bieten sie in den Sommerferien eine Fachinformationswoche für nicht professionell Tätige Medienmitarbeiter an und erreichen damit besonders in den lokalen Medien breite Kreise. „Network Slovakia“ organisiert auch einen Wettbewerb der Pfarrzeitschriften unter dem Namen „FAČA“ (Farský časopis – Pfarrzeitschrift) mit dem Ziel, die mitwirkenden Zeitschriften nach den Kriterien Inhalt, Stil, Grafik und Identität zu bewerten.

Wenn man auf die Zeit des völligen Neuanfangs 1989/90 zurückblickt, hat das Pressebüro der Slowakischen Bischofskonferenz (mit nur drei Angestellten und einigen externen Mitarbeitern!) eine durchaus wirksame Tätigkeit entfaltet. Das Pressebüro bietet folgende Dienste an:

  • Inlandsservice – bietet Vorabinformation über Aktivitäten der slowakischen Kirche. 2009 wurden 1.962 Nachrichten zur Verfügung gestellt.

  • Auslandsservice – informiert die kirchlichen, teilweise auch die weltlichen Massenmedien über wichtige Termine und Vorgänge in der Universalkirche. 2009 umfasste dieser Dienst 2.103 Nachrichten.

  • Massenmedien-Monitoring: Für Mitarbeiter im kirchlichen Bereich werden täglich Nachrichten aus den slowakischen Massenmedien, die für ihre Arbeit von Belang sind, erfasst und zusammengestellt. Die Bedeutung dieses Dienstes, besonders für die Geistlichen, liegt auf der Hand: Sie erhalten damit ein konkretes und realistisches Bild über die Stellung der Kirche im öffentlichen Leben und in den weltlichen Massenmedien.

  • Presseservice – bietet Informationen über die bedeutendsten kirchlichen Angelegenheiten, Verlautbarungen der Bischöfe u. ä. an. Die Vorabinformationen über kirchliche Festtage und Veranstaltungen kommen sehr gut an. Die weltlichen Massenmedien informieren sich „aus erster Hand“, die Schlagzeilen in den Hauptnachrichten werden vorwiegend auf Grund dieses Gesamtmaterials erstellt, sodass auch Gläubige, die der Kirche fern stehen, und selbst Nichtgläubige informiert werden.

  • Presseservice Spezial: Dieser Dienst zielt nur auf den engeren Kreis des Klerus und enthält Informationen, die vor einer breiteren Veröffentlichung erst sorgfältig geprüft werden müssen.

  • Fotoservice: Ein kirchlicher Mitarbeiter bereitet das entsprechende Material auf, sodass den Massenmedien fertige Fotodokumentationen über Themen zur Verfügung gestellt werden, die sonst kaum oder überhaupt nicht erfasst würden. 2009 wurden 278 Dokumentationen erstellt.

  • Videoservice: Dieser hat sich in den letzten beiden Jahren aus dem Fotoservice heraus entwickelt. Darin geht es um die vollständige Bild- und Tonbearbeitung der Berichterstattung über die bedeutendsten kirchlichen Veranstaltungen.

Alle Dienste können kostenlos genutzt werden und sind auf der Web-Seite der Pressekonferenz der Slowakischen Bischofskonferenz (www.tkkbs.sk) abrufbar. Das Interesse ist groß: Zwischen März 2009 und Februar 2010 wurden 12.760.629 Zugriffe registriert. Parallel dazu hat die Slowakische Bischofskonferenz offizielle ebenso wie inoffizielle Kontakte zu einzelnen Redakteuren weltlicher Massenmedien aufgebaut. Dank dieser systematischen Strategie können auch diejenigen Gläubigen, die nicht in direktem Kontakt mit der Kirche stehen, diejenigen, die sich als Nichtglaubende bezeichnen, und natürlich auch die praktizierenden Gläubigen erreicht werden. In diesem Sinne kann man ohne Lyrismus von einem kleinen „medialen Wunder“ sprechen.

Aus dem Slowakischen übersetzt von Jozefina Križanová.


Fußnoten:


  1. Slowakische Bischofskonferenz: Pastoral- und Evangelisierungsplan für die katholische Kirche in der Slowakei 2001-2006. Prešov 2001, S. 42. ↩︎

  2. Vgl. Rudolf Lesňák: Listy z podzemia (Briefe aus der Unterwelt). Bratislava 1998. Der Autor bietet eine Gesamtdokumentation der christlichen Samizdat-Publizistik in der Slowakei in Jahren 1945-1989. ↩︎

  3. Vgl. www.medialne.sk (Angaben vom 05.04.2010). ↩︎

  4. http://medialne.etrend.sk/televizia-grafy-a-tabulky.html (letzter Zugriff: 04.03.2015). ↩︎

  5. http://medialne.etrend.sk/radia-grafy-a-tabulky.html (letzter Zugriff: 04.03.2015). ↩︎

  6. Quelle: http://medialne.etrend.sk/denniky-grafy-a-tabulky.html (letzter Zugriff: 04.03.2015). ↩︎

  7. Quelle: http://medialne.etrend.sk/tyzdenniky-grafy-a-tabulky.html (letzter Zugriff: 04.03.2015). ↩︎