1956: Beginn der Entstalinisierung
Als der Parteivorsitzende der KPdSU Chruschtschow am 25. Februar 1956 während des XX. Parteitags ausgewählte Delegierte zu einer Geheimsitzung lud, war Stalin bereits drei Jahre tot. Eine schleichende Entstalinisierung hatte schon in den Jahren zuvor begonnen, doch für offiziell beendet erklärt wurde die Ära des Stalinismus erst jetzt. In seiner Geheimrede „Der Personenkult und seine Folgen“ rechnete Chruschtschow mit Stalin als Mensch und Politiker ab: Er kritisierte unter anderem seine Parteisäuberungen und verurteilte den Personenkult um ihn, ohne jedoch auch die von ihm geschaffenen Strukturen und seine Verbrechen am sowjetischen Volk anzuprangern.
Diese Rede und das damit eingeläutete offizielle Ende des Stalinismus hatte teils dramatische Folgen in den anderen Ostblockstaaten, insbesondere in Polen und Ungarn, wo der Kommunismus ins Wanken geriet, weil im Rahmen der Entstalinisierung und des darauf folgenden Tauwetters stalinistische Herrschaftsmethoden infrage gestellt wurden. So formierte sich im Oktober in Polen der Aufstand der Posener, bei dem zehntausende Demonstranten unter anderem versuchten, das Gebäude der Geheimpolizei in Brand zu stecken. Zwar wurden die Unruhen von der Warschauer Regierung blutig niedergeschlagen, doch gelang es ihr auch, dass Bemühungen, sich etwas von der UdSSR zu lösen, Erfolg hatten. Auch in Ungarn gab es Arbeiter- und Studentenaufstände, doch anders als in Polen entlud sich der Hass nicht nur gegen die sowjetische Besatzungsmacht, sondern auch auf die eigene stalinistische Regierung. Aus Studenten- und Arbeiterprotesten wurde ein Volksaufstand. Zwar konnten die Wogen für zwei Wochen geglättet werden, doch als Imre Nagy die Neutralität und den Austritt Ungarns aus dem Warschauer Pakt verkündete, ließ Chruschtschow die Rote Armee erneut einmarschieren. Mit der Invasion und den blutigen Kämpfen, die tausende Opfer forderten, kehrte er zu seiner harten politischen Linie zurück. Der Prozess der Entstalinisierung war damit unterbrochen.