Die polnische Ostgrenze als neuer Konfliktfall

aus OWEP 3/2024  •  von Thomas Urban

Thomas Urban, geboren 1954 in Leipzig, war von 1988 bis 2012 Osteuropa-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, anschließend berichtete er acht Jahre aus Madrid. Seit 2022 analysiert er für die Zeitschrift „Cicero” die Entwicklungen im ehemaligen Sowjetblock.

Zusammenfassung

Um die polnische Ostgrenze hatte es seit Ende des Zweiten Weltkriegs keine Konflikte gegeben. Das hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Sie ist längst zum internationalen Konfliktfall geworden, seit der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgeweitet wurde und über Belarus Flüchtlinge ganz gezielt Richtung EU geschickt werden.

Wechselhafte Geschichte der Grenzkontrolle

Jahrzehntelang war die polnische Westgrenze umstritten, vom Kriegsende 1945, das mit der Vertreibung der Deutschen aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße einherging, bis zur Unterzeichnung des deutsch-polnischen Grenzvertrags im Nachwendejahr 1990. Seit 1999 gehört Polen der NATO und seit 2004 der Europäischen Union an. Drei Jahre später wurde das Land in das Schengener Abkommen aufgenommen, sodass die Grenzkontrollen fortfielen.

Doch wurden im Oktober 2023 wieder Kontrollen an der polnischen Westgrenze eingeführt. Es war eine Folge der Probleme am anderen Ende Polens, an der Ostgrenze: Von belarussischem Territorium aus hatten in den Monaten zuvor insgesamt mehrere Tausend Migranten aus dem Nahen Osten und Mittelasien den Grenzzaun überwunden, um über Polen in die Bundesrepublik Deutschland zu gelangen. Auf andere Weise machte in derselben Zeit auch der südliche Teil der Ostgrenze, den Polen mit der Ukraine teilt, Schlagzeilen: An den Grenzübergängen blockierten polnische LKW-Fahrer und Bauern Transporte aus der Ukraine – vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die ehemalige Sowjetrepublik.

Um die polnische Ostgrenze hatte es seit Ende des Zweiten Weltkriegs keine Konflikte gegeben. Stalin hatte sie auf der Konferenz von Teheran 1943 durchgesetzt. Damals hatte der britische Premier Winston Churchill die Verschiebung Polens von Ost nach West zu Lasten des Deutschen Reiches vorgeschlagen, Stalin sollte somit das Gebiet behalten, das ihm Nazi-Deutschland im geheimen Zusatzabkommen zum Ribbentrop-Molotow-Pakt am Vorabend des Zweiten Weltkriegs zugestanden hatte. Churchill veranschaulichte am Konferenztisch von Teheran seinen Plan mit drei Streichhölzern: Das rechte verschob er nach ganz links, von Ost nach West. Polen verlor auf diese Weise seine Ostgebiete, sie wurden an die damaligen Sowjetrepubliken Litauen, Weißrussland und Ukraine angegliedert.

Im Kalten Krieg war auch die Ostgrenze der Volksrepublik Polen scharf bewacht, an vielen Abschnitten standen Wachtürme, die Grenzabfertigung dauerte meist Stunden. Nach der Auflösung des Sowjetblocks in den Wendejahren 1989 bis 1991 wurden Wachtürme und Stacheldraht abgebaut. Polen teilte die Grenze nun mit drei Staaten: 104 Kilometer mit Litauen, das 2004 der EU und der NATO sowie 2007 ebenfalls dem Schengen-Raum beitrat, 418 Kilometer mit Belarus, das seit 1994 der ehemalige KGB-Instrukteur Alexander Lukaschenko mit harter Hand regiert. Außerdem 535 Kilometer mit der Ukraine, in der sich in einem langen Prozess mit vielen Rückschlägen zum Missfallen des Kremls prowestliche Demokraten durchgesetzt haben. Die souverän gewordenen ehemaligen Sowjetrepubliken gewährten ihren Bürgern das in Demokratien selbstverständliche Recht der Reisefreiheit, es gab keinen Grund mehr, das bisherige Grenzregime aufrechtzuerhalten, das „Republikflüchtlinge“ auf dem Weg nach Westen aufhalten sollte.

Aktionen von Lukaschenkos KGB

Doch genau drei Jahrzehnte nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde die polnische Ostgrenze wieder zum internationalen Konfliktfall, und Lukaschenko spielte dabei die Schlüsselrolle. Denn seit 2021 versuchten Tausende von Migranten, ein Großteil davon Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien, über Belarus nach Polen und von da weiter nach Deutschland zu gelangen, allerdings ohne im Besitz eines Visums zu sein.

Die von der PiS gestellte polnische Regierung ließ daraufhin den Grenzschutz massiv aufrüsten und entsandte zu seiner Unterstützung auch Armee-Einheiten an die Ostgrenze, die zum Teil auch durch den Białowieża-Nationalpark führt. Es ist das letzte Urwaldgebiet Europas mit vielen Sümpfen, in ihm leben Wisente und Wölfe. Zunächst wurden rund 200 Kilometer Stacheldrahtverhaue durch das Gebiet verlegt, und über einen drei Kilometer breiten Streifen vor der Grenze wurde der Ausnahmezustand verhängt. Die Maßnahme bedeutete, dass außer den Einwohnern niemand ohne Erlaubnis der Behörden sich in dem grenznahen Gebiet aufhalten durfte.

Von den polnischen Grenzern festgehaltene Afghanen, Iraker und Syrer berichteten, auf welchem Weg sie nach Belarus gelangt sind: Sie buchten in ihren Heimatländern Flüge in die belarussische Hauptstadt Minsk. Ein Teil war auch über die Türkei gekommen. Reisebüros in Istanbul, Beirut, Damaskus sowie in mehreren irakischen Städten warben für die „problemlosen Reisen nach Deutschland“, offenbar in enger Zusammenarbeit mit dem belarussischen Geheimdienst, der nach wie vor KGB heißt. Allerdings kosteten die Tickets meist eine vierstellige Dollarsumme. Kurz nach ihrer Ankunft in Minsk wurden die durchweg sprachunkundigen Reisenden aus den islamischen Krisenländern mit Bussen in die Nähe der polnischen Grenze gebracht. Erst bei dieser Gelegenheit erfuhren wohl die meisten, dass ihnen ohne das Visum eines EU-Staates nur der illegale Weg über die grüne Grenze bleibt.

Bald sorgten Medienberichte über die Zurückdrängung oder Abschiebung der „illegal Einreisenden“, wie es in der Behördensprache heißt, durch die Grenzschützer für Aufregung. Die Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen verbietet ebenso wie die von der EU durchgesetzten Gesetze über den Umgang mit Migranten „Pushbacks". Der englische Begriff, der ursprünglich „Widerstand“ oder „Gegenwind“ bedeutet, hat sich für die oft mit körperlicher Gewalt verbundene Zurückführung der „Grenzverletzer“ durchgesetzt. Doch auf der anderen Seite warteten belarussische Grenzsoldaten und Polizisten nur darauf, die Flüchtlinge wieder an die Grenze zurückzutreiben. Tagelang, manchmal wochenlang kampierten so manche Gruppen, darunter Frauen und Kinder, auf deren Ostseite. Im Herbst sanken die Temperaturen nachts unter den Nullpunkt, im Winter herrschte fast durchgehend Frost. Es gab Tote, Menschenrechtler haben mehr als 50 Menschen ermittelt, die dort starben.

In Polen führten die Nachrichten über das Elend der an der Grenze Gestrandeten zu einer heftigen Kontroverse: Die PiS-Regierung verteidigte die harten Maßnahmen. Sie habe die Aufgabe, illegale Einreisen zu unterbinden, die Sicherheit des Landes habe Vorrang vor allen anderen Verpflichtungen. Der PiS-Chef Jarosław Kaczyński malte sogar das Bild von Seuchen, die die Menschen aus dem Orient einschleppen könnten. Die links orientierte Opposition hingegen forderte einen „humanen Korridor“, um den Schutzsuchenden die Möglichkeit zu geben, in einem ordnungsgemäßen Verfahren bei den Ausländerämtern ihre Asylanträge stellen zu können.

Auch die katholische Kirche Polens bezog Stellung: Obwohl die meisten Bischöfe mehr oder weniger offen mit der PiS sympathisierten, kritisierten sie den Kurs der Regierung. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz Stanisław Gądecki rief die Gläubigen zu Spenden für die Flüchtlinge auf. Der von Papst Franziskus eingesetzte Primas Wojciech Polak führte ein Zitat aus dem Matthäus-Evangelium an: „Ich war ein Fremdling, und ihr habt mir Herberge gegeben.“ Die Kommission für Immigration der Kirche warf in einer Erklärung dem staatlichen Fernsehsender TVP vor, „Angst vor den Fremden“ zu schüren. Die Caritas stellte in Dörfern am Rand der Drei-Kilometer-Zone „Zelte der Hoffnung“ auf. In ihnen boten freiwillige Helfer Nahrung und warme Kleidung für Flüchtlinge an, die den Weg über die Grenzanlagen geschafft hatten. Doch der nationalklerikale Sender Radio Maryja forderte seine Hörer auf, Dankesbriefe an die Grenzschützer zu schicken.

Unterstützung aus Berlin für den rigiden Kurs

Überraschend bekam die Regierung in Warschau Unterstützung für ihren Kurs der Abschottung aus Berlin und Brüssel. Ausgerechnet Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die 2015 angesichts der Flüchtlingskrise die Parole „Wir schaffen das!“ ausgegeben hatte, sicherte wenige Wochen, bevor sie aus der aktiven Politik ausschied, der polnischen Führung ihre Solidarität bei der Sicherung der EU-Ostgrenze zu. Auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) äußerte sich in diesem Sinne. Unerwartet schloss sich nach dem Regierungswechsel in Berlin Ende 2021 auch die neue grüne Bundesaußenministerin Annalena Baerbock dieser Position an und erntete dafür heftige Kritik von ihrer eigenen Partei. Die Argumentation der drei Politikerinnen war die gleiche: Die EU könne es nicht hinnehmen, dass Lukaschenko sie auf diese Weise erpressen wolle.

Die Debatten fachte der Spielfilm „Die grüne Grenze“ der prominenten polnischen Regisseurin Agnieszka Holland an, der 2023 den Spezialpreis des Filmfestivals von Venedig gewann. Der in düsteren Schwarz-Weiß-Tönen gedrehte Film zeigt, wie polnische Grenzschützer Flüchtlinge mit Gummiknüppeln zurück auf die belarussische Seite treiben. Dort aber plündern die in Kampfmontur auftretenden Belarussen die Flüchtlinge aus und jagen sie über eine kleine tragbare Holzbrücke mit Schlägen wieder auf polnisches Gebiet zurück. Die freiwilligen polnischen Helfer werden auf vielfältige Weise von den eigenen Behörden rüde schikaniert.

Ungeachtet aller Proteste ließ die PiS-Regierung für eine dreistellige Millionensumme auf einer Länge von 186 Kilometern einen fünfeinhalb Meter hohen Zaun aus Stahlstreben an der Grenze errichten, den Spiralen aus NATO-Draht krönen. Hinzu kamen weitere 206 Kilometer Elektrozaun, bestückt mit Bewegungsmeldern. Doch bei den Parlamentswahlen im Oktober 2023 verlor die PiS die Mehrheit im Sejm. Der liberalkonservative frühere Präsident des Europäischen Rats Donald Tusk trat an die Spitze der Regierung, ein Amt, das er bereits von 2007 bis 2014 bekleidet hatte. Im Wahlkampf hatte er das rücksichtslose Grenzregime scharf kritisiert. Allerdings sparte der Koalitionsvertrag der neuen Regierungsparteien das Thema aus. Der kleinste Koalitionspartner, die Neue Linke, konnte sich mit der Forderung nach einem „humanen Korridor“ nicht durchsetzen.

Putins Strategie der Destabilisierung

Im Frühjahr 2024 verschärfte sich die Lage an der Grenze weiter. Die Zusammensetzung der Migrantengruppen hat sich geändert: Waren es bislang oft Familien, so sind es nun fast nur junge Männer, die keineswegs direkt nach Minsk gekommen sind, sondern über Moskau oder andere russische Städte. Kremlchef Wladimir Putin hat nach Meinung polnischer Beobachter sehr genau beobachtet, dass die Kontroversen über die Massenmigration nicht nur 2016 in Großbritannien den Befürwortern des Brexits die nötigen Prozente für ihren Sieg eingebracht haben, sondern auch der PiS im Jahr zuvor zum Sieg bei den Parlamentswahlen.

Überdies wurde auch die bundesdeutsche Gesellschaft zutiefst gespalten. Nun wolle Putin diese Kontroversen weiter befeuern, auf Kosten der Menschen, die er mit falschen Versprechungen im Bunde mit Lukaschenko an die polnisch-belarussische Grenze bringen lässt.

Diese jungen Männer werden nach Analysen der polnischen Behörden von Instrukteuren des belarussischen KGB trainiert, den Grenzzaun zu überwinden, und mit den Gerätschaften dafür ausgestattet. Immer wieder gehen Aufnahmen von großen Löchern in den Stahlstreben durch die Medien, Videoclips in den Fernsehnachrichten zeigen, wie große Gruppen von Migranten Äste und schwere Steine auf polnische Patrouillen werfen. Im Juni wurde ein polnischer Grenzsoldat erstochen, der zu nah am Zaun stand, vermutlich mit einem an einen langen Stock gebundenen Kampfmesser, ein anderer wurde verletzt. Der Täter blieb unerkannt.

Ein Aufschrei des Protests ging durch das ganze Land, als bekannt wurde, dass die Militärpolizei in einem anderen Fall drei Grenzschützer in Handschellen abgeführt hat. Diese hatten zuvor Warnschüsse auf Migranten, die polnisches Territorium erreichen wollten, abgegeben. „Es ist eine Schande, die Männer, die unsere Sicherheit schützen, so zu behandeln“, kommentierte die konservative polnische Zeitung Rzeczpospolita. Das Innenministerium konnte nur hilflos darauf verweisen, dass die Militärstaatsanwaltschaft, die die Festnahmen angeordnet hatte, immer noch in der Hand von PiS-Leuten sei, die nun offenbar die neue Regierung in Misskredit bringen wollten.

Angst vor Rückkehr der PiS und russischen Saboteuren

Überdies gab ein Sprecher des Ministeriums bekannt, dass unter den Migranten auch Tschetschenen und Angehörige anderer islamischer Völkerschaften der Russischen Föderation mit falschen Identitäten festgestellt worden seien. Vieles spreche dafür, dass sich darunter Saboteure befinden könnten, die Anschläge auf die polnische Infrastruktur vorbereiten. Angesichts der Fülle derartiger Nachrichten haben sich bei Umfragen annähernd 90 Prozent der Polen dafür ausgesprochen, das strenge Grenzregime beizubehalten.

Tusk weiß sehr genau, dass er die nächsten Wahlen verlieren dürfte, wenn er auf die Forderung von Menschenrechtsgruppen eingeht. Dieses Argument überzeugt auch in Brüssel, wo man in einer Rückkehr der PiS an die Macht ein Schreckensszenario sähe. Also lässt Tusk die Grenze zu Belarus technologisch aufrüsten, unter anderem mit Hunderten von Nachtsichtkameras. Auch hat das Innenministerium für einen 60 Kilometer langen Grenzabschnitt wieder eine Sperrzone mit einer Breite zwischen 200 und 2000 Metern ausgewiesen.

Für die überwältigende Mehrheit der polnischen Kommentatoren steht fest, dass der Schlüssel zur Lösung des Problems in Berlin liegt. Denn fast ausnahmslos geben die Migranten als Ziel die Bundesrepublik an, die die allermeisten abgelehnten Asylbewerber nicht nur nicht abschiebt, sondern sie obendrein auch in den Genuss von Sozialleistungen kommen lässt. Polnische Zeitungen führen immer wieder an, dass ein Migrant in Deutschland fast so viel Geld im Monat bekommt wie eine Krankenschwester oder ein Grundschullehrer in Polen.

Immerhin ist es der neuen Regierung unter Tusk gelungen, das große Problem im Südteil der Ostgrenze zu lösen, nachdem erst polnische LKW-Fahrer, dann Landwirte monatelang die Einfahrt ukrainischer Lastwagen blockiert hatten. Der Grund: Die Konkurrenz aus dem Osten verdarb den Polen die Preise. Die EU hatte im Juni 2022 ukrainischen Spediteuren erlaubt, den Warenimport und -export ohne die bislang üblichen Bewilligungen abzuwickeln. Damit wurden diese auch für Unternehmen in Polen und vor allem Deutschland, die in der Ukraine Bauteile etwa für Personenwagen oder Küchengeräte herstellen lassen, als Geschäftspartner interessant – zu Lasten polnischer Transportfirmen. Diese verloren Marktanteile, während sich die Zahl der grenzüberschreitenden Fahrten ukrainischer LKW innerhalb eines Jahres verfünffachte.

Die polnischen Blockierer kontrollierten die Ladung aller LKW mit ukrainischen Kennzeichen, nur die Transporte von Hilfs- sowie Rüstungsgütern ließen sie problemlos durch, während die überwiegende Mehrheit Wartezeiten bis zu drei Wochen in Kauf nehmen musste. Die ukrainische Wirtschaft spürte die Folgen, manche Abnehmer vor allem in Deutschland stornierten Aufträge, weil die ausbleibenden Zulieferungen die gesamte Produktion erheblich störten. Zu den polnischen Fernfahrern gesellten sich sehr bald organisierte Gruppen von Bauern mit ihren Traktoren. Stein des Anstoßes war nun der Transport ukrainischen Getreides in die EU, ein Großteil wurde von polnischen Lebensmittelfabriken und Agrarbetrieben aufgekauft, da es billiger war als die einheimische Ernte.

Der Krieg definiert die Grenzpolitik

Es dauerte noch ein halbes Jahr nach den Sejm-Wahlen, bis die neue Regierung die Probleme mit Unterstützung aus Brüssel im April 2024 lösen konnte: Die polnischen Spediteure bekamen Steuererleichterungen und Zuschüsse, die Privilegien für die ukrainische Konkurrenz wurden zusammengestrichen. Die Bauernverbände lenkten ein, nachdem vereinbart worden war, dass nur ein Bruchteil des ukrainischen Getreides auf den polnischen Markt gelangt, der Löwenanteil soll in Drittländer gehen.

Überdies hat sich die Gesamtmenge erheblich verkleinert, weil es der ukrainischen Armee gelungen war, mit gezielten Raketen- und Drohnenangriffen die russische Kriegsflotte aus dem Westteil des Schwarzen Meeres zu vertreiben und somit die Seeroute für den Getreideexport nach Afrika und Asien wieder zu öffnen.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine wird den Charakter der polnischen Ostgrenze weiter verändern. Im Juni stellte Tusk das Projekt „Schutzschild Ost“ vor, ein Milliardenprogramm für den Bau von Bunkern, Panzersperren, Kommandozentralen und Flugabwehrstellungen, an dem sich auch die anderen EU-Staaten beteiligen. Eine erneute Invasion aus dem Osten, wie sie Polen am 17. September 1939 durch die Rote Armee erlebt hat, soll somit ein Ding der Unmöglichkeit werden.