1963: Chruschtschows Schwiegersohn Adschubej in Audienz bei Papst Johannes XXIII.
In einer Zeit, in der die Kirche einen schweren Stand im Kommunismus hatte und systematisch unterdrückt wurde, war es keine Selbstverständlichkeit, dass Papst Johannes XXIII. am 7. März 1963 Chruschtschows Schwiegersohn Adschubej empfing und ihm zusammen mit seiner Frau Rada eine Privataudienz gewährte. Dieser Besuch war der Anfang einer Annäherung zwischen der Sowjetunion und dem Vatikan, die Chruschtschow selbst mit Glückwünschen zum 80. Geburtstag des Papstes initiiert hatte – allerdings nicht ohne Hintergedanken mit Blick auf das anstehende Zweite Vatikanische Konzil und mögliche antisowjetische Beschlüsse.
Diese Politik der Annäherung hatte unter anderem zum Ziel, die Situation der Katholiken im Ostblock zu verbessern, war jedoch ein Bruch mit der strikten Ablehnung des Kommunismus durch Papst Pius XII. und seine Vorgänger. Der „Osservatore Romano“, die Hauszeitung des Vatikan, versuchte anfangs noch den Besuch mit der Begründung zu rechtfertigen, der Papst nehme alle auf und weise niemanden zurück. Konrad Adenauer nannte ihn politisch dumm; andere warfen dem Papst Blindheit gegenüber der kommunistischen Gefahr vor. Als bei der nächsten Wahl in Italien kommunistische Parteien einen deutlichen Zuwachs an Stimmen verzeichnen konnten, wurde er heftig kritisiert. Auch in anderen Ländern wuchs die Angst, dass aufgrund dieser neuen Kontakte vermehrt linke Parteien gewählt werden könnten.
Trotz aller Kritik führte die Linie Johannes‘ XXIII. zu Verbesserungen zwischen der katholischen Kirche und der Sowjetunion: So ließ der Kreml Beobachter aus der Russischen Orthodoxen Kirche am Zweiten Vatikanum teilnehmen, der ukrainische griechisch-katholische Metropolit Slipyj wurde nach achtzehnjähriger Haft entlassen, und in die Länder des Ostblocks sollten päpstliche Delegaten zum Knüpfen diplomatischer Beziehungen entsandt werden.
Für eine Politik der Annäherung, auch mit dem Kommunismus, stand Papst Johannes XXIII. wie kein anderer, und seine Linie wurde von seinem Nachfolger Paul VI. fortgesetzt.