1981: Ausbürgerung des Schriftstellers Lew Kopelew
Der russische Germanist, Schriftsteller und Humanist Lew Kopelew, geboren am 27. März 1912 in Kiew, lernte schon in seiner Kindheit die deutsche Sprache und studierte später Germanistik, Geschichte und Philosophie. In seiner Jugend war er begeisterter Kommunist, meldete sich freiwillig zum Wehrdienst und marschierte als Soldat mit der Roten Armee 1945 nach Deutschland ein, wo er Zeuge von Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung in Ostpreußen wurde. Weil er versuchte, sie zu verhindern, wurde er angezeigt und verurteilt. Nach Stalins Tod 1954 konnte er das Gefangenenlager verlassen und nahm seine Tätigkeit als Literaturwissenschaftler und Germanist wieder auf.
Geprägt von seinen Erfahrungen verlor er immer mehr den Glauben an den Kommunismus und setzte sich zunehmend für Andersdenkende ein. Schließlich wurde er wegen seiner Proteste gegen den Einmarsch von Truppen verschiedener kommunistischer Länder in die Tschechoslowakei 1968 aus der Partei ausgeschlossen, verlor seine Stelle am Institut für Kunstgeschichte in Moskau und durfte nicht mehr veröffentlichen. Privat unterhielt er in den folgenden Jahren einen regen Austausch mit Dissidenten und Auslands-Korrespondenten. So intensivierte sich auch sein Verhältnis zu Heinrich Böll, mit dem ihn eine tiefe Freundschaft verband.
Zu seiner Studienreise nach Deutschland brach Kopelew mit seiner Frau Raissa im Jahre 1980 nur deshalb auf, weil ihm von sowjetischer Seite eine Rückkehrgarantie zugesichert worden war. Diese Garantie schützte das Ehepaar letztlich nicht, und so wurden beide Anfang des Jahres 1981 aus der UdSSR ausgebürgert. Sie ließen sich in Köln nieder und erhielten kurz danach die deutsche Staatsbürgerschaft. Im Exil setzte sich Kopelew für eine Verständigung zwischen Russen und Deutschen ein, versuchte alte Verbindungen freizulegen, neue aufzubauen und ideologische Feindbilder abzubauen.
Lew Kopelew verstarb am 18. Juni 1997 in Köln. Sein intensiver Einsatz für Kultur, Humanität und Völkerverständigung hat ihn zu einem hoch angesehenen Brückenbauer werden lassen.