Praktizierter Umweltschutz in der Republik Moldau – die „Casa Providenţei“ in Chişinǎu

aus OWEP 3/2010  •  von Edgar Vulpe

Edgar Vulpe ist Direktor des Sozialzentrums „Casa Providenţei“ in Chişinǎu.

Der Mensch ist Teil der Welt; intelligent, mächtig, vielleicht das wertvollste und edelste Geschöpf, aber dennoch – nur ein Teil der Welt. Alle menschlichen Aktivitäten sollten auf dem Naturgesetz basieren und von sinnvollen und für die Menschheit wichtigen Bedürfnissen ausgehen. Dies gilt ganz offensichtlich für eine religiöse ebenso wie für eine nichtreligiöse Argumentation. Denn jeder weiß um die Wechselwirkungen zwischen allen Teilen der Natur, ja allen ihren Gliedern, wie ich es bezeichnen möchte. Natürlich gibt es viel Raum für Diskussionen, Prioritäten, Methoden und andere praktische Aspekte, aber aus allen Fällen, aus allen sozialen und wirtschaftlichen Strukturen lässt sich eine klare Konsequenz herauslesen – die Verantwortung des Menschen gegenüber der natürlichen Welt. „Als Krone der Schöpfung, die ‚sehr gut war‘ (Gen 1,31), schuf Gott den Menschen. Unter allen Geschöpfen gestaltete Gott nur Mann und Frau nach ‚seinem Ebenbild‘ (Gen 1,27). Der Herr vertraute seine gesamte Schöpfung ihrer eigenen Verantwortung an und beauftragte jedes Geschöpf, für seine Harmonie und Entwicklung Sorge zu tragen (vgl. Gen 1,26-30)“.1 Somit besteht der Unterschied letztendlich im Grad der Verantwortung, der persönlichen menschlichen Verantwortung.

Christliches Verhalten basiert auf dem Glauben und den Zehn Geboten. Der wichtigste christliche Wert ist die Möglichkeit, die tatsächliche Wahrheit zu suchen und zu finden. Sicherlich und natürlich betrifft dies alle Aktivitäten und sollte die Basis unserer ökonomischen Handlungen sein. Was das soziale Engagement und die christliche Nächstenliebe betrifft, die durch entsprechende kirchliche Institutionen wie beispielsweise die „Casa Providenţei“ („Haus der Fürsorge“) in der Republik Moldau verwirklicht wird, ist diese Verantwortung ein Teil des Managements und administrativer Aspekte. Man muss Zivilcourage haben. Und bevor sich der Mensch an das Handeln, Fortsetzen und Vollenden einer Arbeit macht, fragt er sich zuerst, auf welche konkrete Weise er vorangehen soll.

Das Zentrum „Casa Providenţei“ ist eine große soziale Einrichtung in einem ca. 2.000 m2 großen Haus, das auf verschiedene Weise tätig ist – Gemeinschaftsküche, Tageszentrum für Kinder und einsame alte Menschen, medizinische Versorgung, sanitäre und pharmazeutische Angebote, Aktivitäten im Bildungs- und Pastoralbereich.2 Einige hundert Männer und Frauen suchen monatlich die Hilfe des Zentrums auf. Hierbei könnten wirtschaftliche Gründe dieselben Werte wie der Glauben haben – Unterstützung durch Nächstenliebe im Glauben, wahrhaftig „Caritas in veritate“. Dabei ist es wichtig, dass sozialer und caritativer Einsatz unter der Maßgabe ökonomischer Effizienz stehen sollten. Anders gesagt: Die Sorge um ökologische Aspekte und Natur erhaltende Maßnahmen hat auch ökonomische Aspekte.

Nun hat die Republik Moldau, ein kleines, wirtschaftlich schwaches und nur dünn besiedeltes Land im Südosten Europas,3 nicht nur mit großen sozialen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, sondern auch mit enormen Umweltproblemen wie Wasserverschmutzung, Bodenerosion und Abholzung der Wälder (und das, obwohl nur noch 9 Prozent des Territoriums von Wald bedeckt sind). Energiepolitisch ist das Land völlig von Importen abhängig, es verfügt weder über Kohle-, Erdgas- oder Erdölvorkommen. Darüber hinaus ist die Stromproduktion völlig unzureichend, sodass Elektrizität von den Nachbarn (Rumänien und Ukraine) eingeführt werden muss. Die jährlichen Ausgaben für Energie belasten das Budget in hohem Maße, sodass alle Bemühungen zur Energieeinsparung oder Nutzung alternativer Energien in der nationalen Energiepolitik Priorität genießen müssen.

Unter Berücksichtigung dieser Argumente nutzt das Zentrum „Casa Providenţei“ kostengünstige Wege in den Bereichen Elektrizität, Warmwasser und Gas dadurch, dass im Mai 2010 ein solar betriebenes Heizsystem installiert wurde. Trotz fehlender eigener Energiequellen und der Notwendigkeit, alternative Energien zu verwenden, findet die Solarenergie in der Republik Moldau bisher keinen nennenswerten Einsatz. Ausnahmen bilden nur sehr spezielle Bereiche der Landwirtschaft. So werden nach Auskunft des Landwirtschaftsministeriums jährlich ca. 80 Prozent der feldmäßig angebauten Heilpflanzen und der Tabakernte mittels Solarenergie getrocknet, ungefähr 1.500 Tonnen an Pflanzenmaterial. Möglich wäre eine zehnfach höhere Nutzung der Solarenergie.

Anbringen von Solarzellen auf dem Gebäude der „Casa Providenţei“ (Foto: Renovabis-Archiv)

Im Laufe des Jahres 2009 hatte das Zentrum „Casa Providenţei“ Ausgaben für Elektrizität in Höhe von fast 6.000 € und für Gas von ca. 10.000 €. Für die Republik Moldau gilt theoretisch eine maximale Sonnenscheindauer von 4.450 Stunden pro Jahr. In Wirklichkeit beträgt der tatsächliche Wert 2.100 bis 2.300 Stunden pro Jahr, also ungefähr die Hälfte der maximalen theoretischen Periode. Die sonnenreichste Zeit liegt zwischen April und September, was 75 Prozent der gesamten Zeit mit Sonnenschein ausmacht. Die Sonneneinstrahlung ist in der Zentralregion, in der auch Chişinǎu liegt, um 3,5 Prozent höher. Wir erwarten eine Senkung der Betriebskosten für die erwähnten Anlagen von bis zu 40 Prozent während der Frühjahrs- und Sommerzeit. Chişinǎu, die Hauptstadt der Republik Moldau, ist während des Frühjahrs und der Sommerzeit eine ziemlich heiße Stadt. Unser Zentrum liegt auf einem Hügel in einem Vorort der Stadt. Das Dach des Gebäudes steht tagsüber im richtigen Winkel zur Sonne.

Zusammenfassend möchte ich betonen, dass jegliche Theorie, die nicht in die Praxis umgesetzt wird, „leblos“ ist und jedweder praktischer Gesichtspunkte entbehrt. Umweltschutz ist Teil der Verantwortung des Menschen, insbesondere jener, die Verantwortung auf verschiedenen Ebenen tragen – politisch, administrativ oder juristisch. In Bezug auf das Gemeinwohl sollten eine neue Mentalität und ein neuer Lebensstil als praktischer und effizienter Weg gefördert werden. Christlich getragene und gemeinnützige Institutionen könnten ein Beispiel für andere Organisationen sein. „Diese Lebensstile sollten sowohl auf individueller als auch auf sozialer Ebene von Ernsthaftigkeit, Mäßigung und Selbstdisziplin inspiriert sein.“4

Aus dem Englischen übersetzt von Thomas Hartl.


Fußnoten:


  1. Kompendium der Soziallehre der Kirche. Freiburg, Basel, Wien 2006, Nr. 451. ↩︎

  2. Die „Casa Providenţei“, eine Sozialeinrichtung der katholischen Kirche, wurde von der Regierung der Republik Moldau als Non-Profit-Organisation eingestuft; ihre Arbeit wird von Renovabis gefördert. Ziel ist es, besonders Menschen auf der Schattenseite der Gesellschaft zu unterstützen, vor allem alleinstehende ältere Menschen und Kinder. Die Einrichtung umfasst eine Suppenküche, ein Tageszentrum für ältere Menschen, in dem vielfältige Aktivitäten wie Konzerte, Tanz und Gymnastik angeboten werden, ein Kindertageszentrum mit Hausaufgabenbetreuung, Computerkursen und vielem mehr sowie ein medizinisches Zentrum, das kostenlose ärztliche und pharmazeutische Betreuung leistet. ↩︎

  3. Vgl. dazu auch den Beitrag von Stefan D. Tiron: Die Republik Moldau vor dem Umschwung. In: OST-WEST. Europäische Perspektiven 10 (2009), H. 1, S. 58-64 (der gedruckten Ausgabe). ↩︎

  4. Kompendium (wie Anm. 1), Nr. 486. ↩︎