Europa eine Seele geben
Am 22. August 1849 hielt der Präsident des Pariser Weltfriedens-kongresses, Victor Hugo, eine Rede, in der es u. a. heißt: „Ein Tag wird kommen ..., wo Ihr, Frankreich, Russland, Ihr, Italien, England, Deutschland, all Ihr Nationen des Kontinents ohne die besonderen Eigenheiten Eurer ruhmreichen Individualität einzubüßen, Euch eng zu einer höheren Gemeinschaft zusammenschließen und die große europäische Bruderschaft begründen werdet. Ein Tag wird kommen, wo es keine anderen Schlachtfelder mehr geben wird als die Märkte, die sich dem Handel öffnen, und die Geister, die für die Ideen geöffnet sind. Ein Tag wird kommen, wo die Kugeln und Granaten von dem Stimmrecht ersetzt werden... Ein Tag wird kommen, wo man sehen wird, wie die beiden ungeheuren Ländergruppen, die Vereinigten Staaten von Amerika und die Vereinigten Staaten von Europa, Angesicht in Angesicht sich gegenüberstehen, über die Meere sich die Hand reichen, ihre Produkte, ihren Handel, ihre Industrien, ihre Künste, ihre Genien austauschen, den Erdball urbar machen, die Einöden kolonisieren, die Schöpfung unter den Augen des Schöpfers verbessern, um aus dem Zusammenwirken der beiden unendlichen Kräfte, der Brüderlichkeit der Menschen und der Allmacht Gottes, für alle das größte Wohlergehen zu ziehen!“
Zwei Jahre später, am 17. Juli 1851 gab es in der französischen Nationalversammlung große Aufregung. Einer der Abgeordneten hatte durch eine Rede die Mehrheit seiner Kollegen entweder erzürnt oder erheitert: „Das französische Volk“, so donnerte der Abgeordnete damals in den Saal, „hat durch die Schaffung der Republik und durch die Einführung der Menschenrechte inmitten dieses monarchischen Kontinents den Grundstein des gewaltigen Gebäudes der Zukunft gelegt, das eines Tages die Vereinigten Staaten von Europa heißen wird.“ Das stenographische Protokoll verzeichnet an dieser Stelle lang anhaltendes Lachen und zahlreiche Protestrufe. „Die Vereinigten Staaten von Europa! Was für eine Idee, welche Torheit“, rief der Abgeordnete Molè, und der Abgeordnete de Montalembert meinte gar: „Die Vereinigten Staaten von Europa? Es ist ein starkes Stück. Hugo ist verrückt!“ Der Abgeordnete war nämlich der bereits erwähnte Victor Hugo.
Was sich dann ereignete, wissen wir: 1870/71, 1914-18, 1939-45! Fast genau 100 Jahre nach dem ergebnislosen Appell von Victor Hugo 1851 in der französischen Nationalversammlung, nämlich am 9. Mai 1950 machte der französische Außenminister Robert Schuman in der gleichen französischen Nationalversammlung den die Welt verblüffenden Vorschlag, fortan die Gesamtheit der deutsch-französischen Kohle- und Stahlproduktion einer gemeinsamen Hohen Behörde zu unterstellen, einer Organisation, die den anderen europäischen Ländern zum Beitritt offen stehen sollte: Interessenausgleich durch Zusammenarbeit. Ein Jahr später unterzeichneten die sechs Gründerstaaten - Frankreich, Italien, die Bundesrepublik Deutschland und die drei Benelux-Staaten - den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS). Es war die erste Etappe der europäischen Föderation, wie Robert Schuman danach ausdrücklich betonte.
Die Initiative von diesem 9. Mai 1950 hat nach fünfzig Jahren die kühnsten Hoffnungen übertroffen. Die Keimzelle der heutigen Europäischen Union, ausgerichtet auf die Erhaltung des Friedens, den Wiederaufbau des zerstörten Kontinents, die Bewahrung der Freiheit, die Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland, die Hebung des Wohlstandes und auf die Vereinigung der europäischen Staaten, hat die Absichten ihrer Urheber bei weitem übertroffen. Es war visionär, dem Besiegten Rechtsgleichheit innerhalb einer zukünftigen Gemeinschaft zuzugestehen. Ebenso visionär waren die Worte, die Robert Schuman 1963 niederschrieb: „Wir müssen das geeinte Europa nicht nur im Interesse der freien Völker errichten, sondern auch, um die Völker Osteuropas in diese Gemeinschaft aufnehmen zu können, wenn sie – von den Zwängen, unter denen sie leiden, befreit – um ihren Beitritt und unsere moralische Unterstützung nachsuchen werden. Wir schulden ihnen das Vorbild des einigen, brüderlichen Europa. Jeder Schritt, den wir auf diesem Wege zurücklegen, wird für sie eine neue Chance darstellen. Sie brauchen unsere Hilfe bei der ungeheuren Aufgabe der Umstellung, die sie zu bewerkstelligen haben. Unsere Pflicht ist es, bereit zu sein."
Aktuelle Herausforderungen der europäischen Integration
Der europäische Integrationsprozess – die Europäische Gemeinschaft, heute die Europäische Union – hat sich als eine der größten Erfolgsgeschichten des 20. Jahrhunderts erwiesen. Und jetzt, am Beginn des 21. Jahrhunderts, steht die Europäische Union vor der Herausforderung ihrer Vollendung, aber gegenwärtig zunächst in einer der größten Krisen seit ihrem Beginn, nicht in einer Katastrophe, aber vielleicht am Vorabend einer europäischen Katastrophe. Wir sprechen von einer geistig-intellektuellen Krise um Europa, dem eben „eine Seele“ fehlt, aus der schöpferische Kraft kommen könnte. Jedenfalls stehen Herausforderungen an, die Entscheidungen verlangen, wozu die politische - und eben vielleicht geistige - Kraft zu fehlen scheint. Um die vermutlich wichtigsten Herausforderungen zu nennen:
Schwäche des Euro: Da die Wirtschaft in den USA deutlich rascher wächst als im Euro-Raum, dürfte die Wachstumsdifferenz wie bisher den Dollar stärken und den Euro drücken. Die erwarteten Zinserhöhungen arbeiten ebenfalls gegen den Euro, zumal die Kombination von höherem Wachstum und höherer Verzinsung, die schon seit mehreren Jahren europäisches Kapital auf den amerikanischen Markt lockt, zumindest in den kommenden Monaten nichts von ihrer Attraktion verlieren dürfte. Nötig ist also - so sagen Experten - eine Anhebung des langfristigen Wachstumspotenzials in Europa. Dies setzt aber eine Reihe von Strukturreformen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze, zur Förderung des Unternehmertums und der Kapitalinvestitionen u. a. voraus. Fachleute sagen darum: Die Schwäche des Euro spiegelt vor allem die weit verbreiteten Zweifel an dem Reformwillen der politischen Führung im Euro-Raum wider.
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP): Sie ist ohne Zweifel notwendig, nicht nur zur Lösung des Balkanproblems. Der mit so viel Hoffnungen verbundene „Stabilitätspakt für Südosteuropa“ macht nur äußerst zögerliche Fortschritte. Die Sicherheitsauffassungen der USA und Europas scheinen nicht mehr kompatibel (die USA denkt mehr hegemonial, Europa hingegen an wechselseitige Vernetzung und Abhängigkeit). Jedenfalls ist es noch ein weiter Weg bis zur GASP.
EU-„Osterweiterung“: Es gibt Herausforderungen „in“ der Osterweiterung und „durch“ die Osterweiterung. Die Fülle der Probleme (Realpolitik) will ich hier nicht nennen. Jedenfalls erweist sich der beschlossene Zeitplan als unrealistisch (frühestens 2005/06). Werden die Beitrittsländer bis dahin durchhalten?
Die notwendigen internen Reformen der EU, die erforderlich sind, um erweiterungsfähig zu sein, kommen nicht recht weiter, z. B.: Ausweitung der Mehrheitsentscheidung im Ministerrat. Mit der Neugewichtung der Stimmen (aus den größeren, kleinen und kleinsten Staaten) muss auch die Begrenzung der Kommission auf 20 Kommissare verbunden sein. Die fünf großen Mitgliedsstaaten wollen nur dann auf ihren zweiten Kommissar verzichten, wenn gleichzeitig die Stimmgewichtung zu ihren Gunsten verändert wird. Ein Konsens hierzu zeichnet sich bislang noch nicht ab.
In Amsterdam ist die Zahl von 700 Parlamentariern als Obergrenze vereinbart worden, obwohl diese bereits durch den Beitritt Polens, Tschechiens und Ungarns bei weitem überschritten würde. Ein entsprechender Plan für die Zusammensetzung des Parlamentes liegt noch nicht vor.
Der ganze „Apparat“ bedarf grundlegender und struktureller Veränderungen. Er ist konzipiert für die ursprünglich sechs Mitgliedsstaaten, deren Zahl aber nach der beschlossenen Erweiterung geradezu das Vierfache betragen wird. Eine Erweiterung ohne die grundlegende Erneuerung des institutionellen Systems ist undenkbar.EU-Führungsvakuum: Gemeint ist in diesem Fall nicht die EU-Kommission, sondern das ehemals führende Tandem Frankreich- Deutschland: „Der Motor läuft gegenwärtig zwar auf Hochtouren, doch befindet er sich leider nur im Leerlauf!“ Es fehlt in allen Hauptstädten (und Gesellschaften) jenes Maß an europäischen Überzeugungen, ohne das die erforderlichen Schritte nicht möglich sind. Es gibt eine Angst vor Reformen, eine Angst vor der Zukunft. Fehlt nicht gerade das, was von Robert Schuman und den anderen Gründervätern der EU gesagt wird: Sie waren „visionär und beharrlich“. Sollte es an einem (neuen) zündenden Leitmotiv fehlen? In der Politik? In der Gesellschaft?
Dabei sollte es keinen Zweifel geben: Wenn die Völker Europas Frieden, Wohlstand und Sicherheit wollen, wenn sie die Globalisierung gestalten wollen, gibt es zur europäischen Integration keine Alternative - weder für Westeuropa, noch geschweige denn für Mittel- und Osteuropa.
Der christliche Beitrag zur europäischen Integration
„Aus christlicher Verantwortung Europas Zukunft gestalten“ – das klingt sehr schön, aber wie soll das geschehen? Gewiss nicht mit jener Haltung, wie Hagen Schulze sie als Grundstimmung an der Jahrtausendwende formuliert: „Die Zivilisation Europas hat sich verbraucht, ist alt und sterbenskrank.“ Solcher mittlerweile nur noch defensiv vor sich hin kränkelnde Defaitismus begünstigt Verweigerungen, wo ermutigende Orientierungen gefordert sind. Was also können Christen hier und heute tun?
- Den zentralen Ansatz sehe ich im Folgenden: In einem Kontinent, dessen Geschichte über die Jahrhunderte von Kriegen zerrissen ist, stehen Christen für Erinnerung und Versöhnung ein. Solche Erinnerung ist für einen Glauben, der selber Erinnerung an das Kreuz Jesu Christi ist, konstitutiv. Wer sich zum Kreuz bekennt, kann an den Kreuzen der Geschichte nicht beschwichtigend vorbeigehen. Wahrlich darf christliches Erinnern nicht segmentiert werden. Es gibt (etwa im paulinischen Glauben des Römerbriefes) keine abspaltende Erinnerung, die gewissermaßen das eigene Leiden gegenwärtig hält, aber die Geschichte der anderen ausblendet. Erinnerung, die nicht Legitimation, sondern Versöhnung sucht, ist leidensempfindliche und so zutiefst autoritätsempfindliche Erinnerung.
Aber die westliche Kirche (und der davon geformte westliche Teils Europas) hat der Orthodoxie (und den von ihr geformten Völkern Osteuropas) bittere Leiden zugefügt, etwa
* das „große Schisma“ von 1054, aus geradezu lächerlichem Anlass, das zu einer Jahrhunderte langen und tiefen Entfremdung zwischen Ost und West geführt hat.
* der dem Papst entglittene 4. Kreuzzug (venezianische Kaufleute hatten sich dessen bemächtigt) mit der grausamen Plünderung Konstantinopels 1204, der Zerschlagung des byzantinischen Reiches - ein Ereignis, das sich tief in das Gedächtnis der Orthodoxie und des Ostens eingeprägt hat.
* Seit mehr als 150 Jahren waren es ausländische Mächte, die auf den Balkan Einfluss genommen haben. Das osmanische Reich wurde von Russland, der Habsburger Monarchie, aber auch von den Westmächten bekämpft, manchmal aber auch unterstützt. Man hat sich Stücke herausgerissen oder politische Lösungen erzwungen, die naturgemäß immer zu ungerechten Grenzen führten. Von einer Selbstbestimmung der Völker war dabei nie die Rede!
Tief greifende Verletzungen, Demütigungen, deren wir uns nicht erinnern, ganz zu schweigen von Versöhnung. Leicht geht uns dagegen der Begriff „EU-Osterweiterung“ über die Lippen. Wir nehmen gar nicht wahr, wie demütigend dieser Begriff außen verstanden wird: Ost-Erweiterung, also „Export eurer Auffassungen, eurer Lebensformen, Kolonialisierung, Hegemonialisierung. Dass wir (die Menschen im Osten unseres Kontinents) eine eigene Geschichte, eine eigene Kultur, eine eigene Vorstellung von Europa haben - das alles nehmt ihr gar nicht zur Kenntnis.“
Gott sei es gedankt, tut sich doch einiges, Entscheidendes: Das endlich von Papst Johannes Paul II. ausgesprochene Schuldbekenntnis - längst fällig - ist sehr wohl verstanden worden. Es vollzieht sich eine Wende, die 1964 mit der sehr denkwürdigen Begegnung zwischen Patriarch Athenagoras und Papst Paul VI. und der wenig später erfolgten, gegenseitigen Aufhebung der Exkommunikationen von 1054 - ein psychologischer Durchbruch - eingeleitet worden ist. Die mannigfachen Besuche, Begegnungen und Einladungen - seitens der Kirchen der Reformation und der katholischen Kirche - haben zu einem Umdenken der Orthodoxie und in den orthodoxen Ländern geführt. Eine große Mehrheit hat sich durchgerungen, sich der Europäischen Union zuzuwenden und gemeinsam an der Gestaltung eines neuen Europas mitzuarbeiten.
Darauf müssen wir ebenso entschieden wie sensibel eingehen: Es geht nicht um „Ost-Erweiterung“ der EU, sondern um deren Europäisierung! (So von den Gründervätern gemeint: „Europa kann nur gelingen, wenn beide Lungen gesund sind und miteinander atmen!“). Erinnerung und Versöhnung also ist das erste, um aus christlicher Verantwortung Europas Zukunft zu gestalten, Europa eine Seele zu geben.
Ein zweites: Wie verändert sich das Antlitz des Menschen? Worin wird seine Humanität sichtbar? Wohin entwickelt sich der Mensch, wirklich der Mensch? Entzaubert, heimatlos in einer sich globalisierenden Welt, in einer Gesellschaft, in der die „Kultur des Lebens“ erodiert. Wie ist es sonst zu erklären, dass nach einer niederländischen Statistik im vergangenen Jahr 38 % aller Gestorbenen sich haben „euthanisieren“ lassen?
Braucht Europa nicht das orthodoxe Zeugnis für den Menschen im Angesicht Gottes, eine Anstiftung zur Gottessehnsucht, eine orthodoxe Kultur des Sinnes für „Gestalt“, die eben nicht von der Funktion des Menschen spricht, sondern vom Menschen als der Ikone Gottes erzählt, einer Ikone allerdings, die sich selbst nur ansichtig wird in der „vera ikona“ Gottes - Jesus Christus?
Braucht Europa nicht ebenso die (in den großen protestantischen und katholischen Schulen des Westens ausgebildete) Tradition sozialethischer Kompetenz: kritische Begleitung, Anwaltschaft und Einmischung in die Trias von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch in die Wissenschaft? Diese politische Diakonie wäre im Osten ebenso zu erlernen, wie wir im Westen neu in die Gebetsschule des Ostens gehen sollten. Und gemeinsam besorgt zu sein um die Ärmsten, besorgt zu sein um die e i n e Welt und immer wieder gegen die Brotlosigkeit der Ärmsten Einspruch zu erheben. Die Sorge um den Menschen ist unteilbar.
Und diese e i n e moderne Kirche Jesu Christi kann sich vor einer alten brennenden Frage nicht mehr drücken: Europa, wie hältst du es mit den Muslimen? In unserer, der Christen Antwort muss dann aufklingen, dass eine Theologie Europas im Kern auch Theologie der Befreiung sein muss: Befreiung aus Eurozentrismus und kolonialistischem Denken, Befreiung zur Mitverantwortung Europas für die eine Welt. Eine Theologie Europas als Theologie der Hoffnung schließlich, in der in Gebet und Diakonie, Mystik (Gottesverwurzelung) und Politik spürbar wird, dass unsere unersetzbare Hoffnung Jesus Christus ist.Und das ist das Dritte, was Christen Europa zu geben haben: Hoffnung. Vielleicht braucht unser Kontinent ja nichts mehr als Hoffnung! Und die können wir als Christen doch wahrlich bezeugen. Diese Hoffnung ist für Christen kein frommer Wunsch, kein billiger Optimismus. Christen haben in ihrer langen Geschichte - von Israel angefangen - erfahren: Die Welt ist nicht heillos. Und der Mensch braucht nicht ohne Hoffnung zu sein. E i n e r hält die Welt in Seinen guten Händen. Und Er hat sich in Jesus Christus unmittelbar „eingemischt“ und bleibt durch Seinen Heiligen Geist am Werk, auch heute.
Der eingangs zitierte Victor Hugo hat vor 150 Jahren übrigens auch gesagt: „Nichts ist mächtiger als eine Idee in der Geschichte, die dran ist!“ Die neue Gestalt Europas ist einfach dran! Und der authentische Beitrag der Kirchen auch! Angst und Resignation sind uns Christen nicht erlaubt. Wir haben einen guten Grund zu einer unbesiegbaren Hoffnung, die uns befreit von der Resignation, Gelassenheit gibt und uns ermutigt zum Handeln, wenn auch nur in scheinbar kleinen Schritten.
Und mit dem Propheten Nehemia vor zweieinhalbtausend Jahren in bedrängter Zeit können wir sprechen: „Die Freude an Gott ist eure Stärke!“ Dieses Wort des Propheten Nehemia ist für uns als Kirche im Kontext Europas keine abstrakte Option. Es verweist vielmehr auf jene motivationalen Ressourcen, derer eine europäische Zivilgesellschaft ebenso bedarf wie einer ethischen Orientierung. Kirchliche Anwaltschaft für Europa bedient sich selbst der zivilgesellschaftlichen Einmischung, greift also zurück auf jene kirchliche Kernkompetenz letztlich eucharistisch verbundener Gemeinden, Verbände und Gruppen. Wie anders können wir denn Partizipation, also wirtschaftliche, soziale und kulturelle Beteiligungsgerechtigkeit für alle entfalten?
Anwaltschaft für Europa ist aber auch eine politische. Im Sinne der vorgenannten theologischen Grundgegebenheiten, die im Blick auf das Verständnis des Politischen für uns normativ sind, treten wir entschieden in jene politischen Diskurse europäischer und nachgeordneter Institutionen ein, die für eine gleichermaßen sachgerechte wie ethisch verantwortete Gestaltwerdung Europas Verantwortung tragen. Europa eine Seele geben - das ist in dieser doppelten zivilgesellschaftlichen und politischen Anwaltschaft nicht nur Identifikationsverweis, sondern ebenso Handlungsprinzip.