OWEP 1/2001
Schwerpunkt:
Europäische Integration
Editorial
Die Europäische Union wird in wenigen Jahren neue Mitglieder bekommen. Diese so genannte „Osterweiterung“ der EU wird zwar nicht so schnell erfolgen wie ursprünglich geplant, doch werden unsere unmittelbaren Nachbarländer in absehbarer Zeit Mitglieder der Union sein. Die Erweiterung ist jedoch mit Problemen verbunden, und zwar sowohl innerhalb der Union als auch in ihren Außenbeziehungen.
Nach innen müssen Regeln gefunden werden, wie die vergrößerte und potenziell weiter wachsende Union effektiv verwaltet und geführt werden kann, so dass die berechtigten Anliegen aller Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden. Die erweiterte Union steht aber auch vor neuen außenpolitischen Herausforderungen. Es sind schließlich noch andere Erweiterungsrunden vorgesehen, von denen heute noch nicht gesagt werden kann, welche Staaten sie umfassen und vor allem wann sie erfolgen werden. Festzustellen ist jedoch, dass fast alle Staaten, die früher zum Ostblock gehörten, heute in die europäischen Institutionen streben. Weiterhin hat die Erweiterung der EU auch Konsequenzen für diejenigen osteuropäischen Länder, die keine Mitgliedschaft anstreben bzw. realistischerweise in absehbarer Zeit nicht zur EU gehören werden. Grundsätzlich stellt sich darüber hinaus die Frage, was denn eigentlich Europa ausmacht und wer dazugehört bzw. wer nicht.
In diese Überlegungen gehört auch die Diskussion des christlichen Elements Europas. Die Begründer der europäischen Integration waren zumeist von einer tiefen christlichen Religiosität geprägt. Heute ist nicht nur der Säkularisierungsprozess in allen Ländern Europas erheblich vorangeschritten, sondern es stellt sich auch die Frage nach den Beziehungen Europas zur nichtchristlichen, insbesondere islamischen Welt und deren Staaten.
Die verschiedenen Aspekte der Problematik „Osterweiterung“ der Europäischen Union werden in diesem Heft behandelt. Es soll dabei deutlich werden, dass die Erweiterung nicht nur Anstrengungen und Geld kosten wird, sondern dass darin auch eine große Chance für Europa liegt, sich über sein Wesen und seine Identität klar zu werden. Dafür aber kann die Erweiterung nicht auf die jetzigen Kandidaten beschränkt werden, sondern muss potenziell für alle europäischen Staaten offen sein. Die Diskussion über Europa muss daher in nächster Zeit umfassend weitergeführt werden.
Die Redaktion