Migration und Pastoral
Einführung
Politische Umbrüche, Globalisierung, neue Kommunikationsmöglichkeiten und die technische Revolution konfrontieren uns mit einer sich rasant veränderten Alltagswelt. In dieser Welt sind flexible und mobile Menschen gefragt. Aber der Fremde, den uns diese Mobilität zuführt, ist für viele Christen eine Bedrohung, der sie nicht ausweichen können. Migration wird gefordert, Migranten werden abgelehnt. Aber kein europäisches Land kommt heute an der Tatsache vorbei, ein Auswanderungs-, Einwanderungs- oder ein Transitland zu sein. Die katholische Kirche kann sich diesem Faktum nicht entziehen. Migration oder Mobilität werden unser Jahrhundert prägen. Menschen aus europäischen Ländern oder anderen Kontinenten wechseln das Land innerhalb weniger Stunden. Kulturelle, soziale und religiöse Unterschiede der Migranten bleiben bestehen. Europa ist multi-kulturell und multi-religiös geworden. Gesellschaft, Politik und Kirchen stehen vor neuen Fragen, die auch von der Ortskirche beantwortet werden müssen.
Heute geht es einerseits darum, negative Ursachen der erzwungenen Migration zu verhindern und zu bekämpfen, Migrationsabläufe zu regeln und die Migranten als Menschen aufzunehmen. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass Migration dazu beiträgt, wirtschaftliche, soziale, religiöse und kulturelle Beziehungen zwischen Völkern und Staaten zu schaffen. In diesem Bereich haben alle gesellschaftlichen Kräfte mitzuwirken. Zu ihnen gehört auch die Kirche, und als Universalkirche ist sie dazu besonders gefordert. Sie sollte beispielhaft den „Fremden“, den es in der Kirche nicht geben sollte, integrieren und das Zusammenleben von katholischen Christen aus verschiedenen Kulturen und Nationen fördern.
In seinem Wort zum „Welttag der Migration“ 1995/96 schreibt Papst Johannes Paul II.: „Niemand ist in der Kirche fremd, und die Kirche ist niemandem und nirgendwo fremd. Als Sakrament der Einheit und somit sammelndes Zeichen und sammelnde Kraft für das ganze Menschengeschlecht ist die Kirche der Ort, wo auch die illegalen Immigranten anerkannt und als Brüder aufgenommen werden.“
Migration und Pastoral
Die Apostolische Konstitution „Exsul Familia“ (1952) von Papst Pius XII. gab dem Heiligen Stuhl, vertreten durch die Konsistorialkongregation, die Verantwortung und die Hauptrolle für die Organisation der Migrantenpastoral. Das Zweite Vatikanische Konzil mit dem Dekret „Christus Dominus“ bedeutete eine Wende für diesen pastoralen Bereich. Papst Paul VI. konkretisierte diese Aussage achtzehn (18!) Jahre später durch das Motu Proprio „Pastoralis Migratorum Cura“. Die Kongregation für Bischöfe veröffentlichte daraufhin die Instruktion „Pastorali Migratorum Cura“. Neu an dieser pastoraltheologischen Entwicklung ist die Tatsache, dass Papst Paul VI. der Ortskirche die Hauptverantwortung für die Migrantenpastoral zuweist, die wiederum in einer Bischofskonferenz eingebunden ist. In „Christus Dominus“ Nr. 18 heißt es: „Eine besondere Sorge werde den Gläubigen gewidmet, die wegen ihrer Lebensbedingungen die allgemeine ordentliche Hirtenseelsorge der Pfarrer nicht genügend in Anspruch nehmen können oder sie vollständig entbehren. Dazu gehören zahlreiche Auswanderer, Vertriebene und Flüchtlinge, Seeleute und Luftfahrer, Nomaden und ähnliche Gruppen. Geeignete Seelsorgemethoden sollen entwickelt werden, um das geistliche Leben jener zu betreuen, die zur Erholung zeitweilig andere Gegenden aufsuchen. Die Bischofskonferenzen, besonders innerhalb eines Landes, sollen die dringlicheren Fragen, die jene Gruppen betreffen, gründlich untersuchen und mit geeigneten Mitteln und Einrichtungen einmütig alle Kräfte aufbieten, um deren geistliche Betreuung zu fördern. Sie sollen dabei besonders die vom Apostolischen Stuhl erlassenen oder noch zu erlassenden Normen beachten und sie an die Gegebenheit der Zeit, des Ortes und der Personen entsprechend anpassen.“
Diese Texte wurden weiterentwickelt, denn im Kirchenrecht (CIC 1983/383) wurde dieses Prinzip zur Norm gemacht. Das Territorium wird nicht mehr als die einzige Rechtsgrundlage der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kirche, sprich Diözese, angesehen. Neue ekklesiologische und pastorale Situationen machten es möglich, dass Richtlinien und Normen in Bischofskonferenzen erarbeitet wurden, die es ermöglichten, der neuen Situation besser zu begegnen. Darüber hinaus können andere Pastoralstrukturen wie zum Beispiel die Personaldiözese, die Personalprälatur und das Personaldekanat geschaffen werden, was sicherlich für die Migrantenpastoral eine Hilfe wäre. Leider wurden diese Möglichkeiten bis heute nicht genutzt.
Konkrete Herausforderungen für die Migrantenpastoral im heutigen Europa
Die europäische Gesellschaft ist heute ein komplexes soziales System. Sie ist geprägt durch eine über zweitausendjährige Geschichte, durch die Aufklärung seit zweihundert Jahren, durch Wissenschaft und Technik und Säkularisierung. Eine wichtige Errungenschaft ist ferner die Demokratisierung und die sehr stark gewandelte Stellung der Frau in der Gesellschaft. Diese zwei Entwicklungen brachten neue Formen des Lebens und neue gesellschaftliche Strukturen hervor, die auch die pastorale Arbeit der Kirche stark beeinflussen. Durch diese Entwicklung ist die Pfarrei heute keine homogene Einheit mehr, sondern ein buntes Mosaik. Die Migranten haben dieses Mosaik vergrößert und noch bunter gemacht.
Die Katholizität der Kirche wird als Universalität erlebt. Sie ist die Einheit in der Verschiedenheit. Dieses Ideal wurde im Blick auf die ganze Welt in dem Sinn gesehen, dass die verschiedenen Kulturen durch das Evangelium zur Einheit kommen. Zugleich wahren sie allerdings auch den kulturellen Reichtum in seiner Unterschiedlichkeit, die sich im Alltag ausdrückt. Diese Entwicklung wird heute in fast jeder Pfarrei in Europa erlebt. Die Herausforderung für die Kirche besteht heute darin, dass die interkulturelle Realität nicht nur in der Gesellschaft eines jedes europäischen Landes erlebt wird, sondern auch innerhalb unserer Kirche. Katholizität und Universalität der Kirche werden wieder sichtbar; sie erinnern die Christen daran, dass sie Bestandteile ihrer Kirche seit Beginn an sind. Katholizität und Universalität sind keine Eigenschaften, die die Kirche sich im Laufe der Jahrhunderte angeeignet hat, sondern sie gehören zu ihrem innersten Wesen.
Kultur gegen Migrantenpastoral?
In den europäischen Ortskirchen leben heute Menschen aus verschiedenen Kulturen und Religionen. Über Jahrhunderte lebten die Christen unter sich in einer von ihnen geprägten Kultur. Die einzige Unterschiedlichkeit gab es in den Ländern, in denen Katholiken, Protestanten und Orthodoxe sich begegneten. Heute müssen sie lernen, katholische Mitchristen aus anderen Kulturkreisen aufzunehmen. Die Pastoral muss darauf antworten. Sie muss dafür Formen und Methoden schaffen, die der Katholizität in der Kirche einen Raum geben. Die Migration darf nicht dazu führen, Parallelkirchen zu etablieren, in denen die einen ihren Stammplatz behaupten und die Kirche den anderen nur ein Ghettodasein zuweist.
Welche Wege führen nun aber in die Richtung, damit die Pastoral auf diese konkrete Herausforderung eingehen kann? Wie kann eine Pfarrei daran arbeiten, damit die kulturelle Verschiedenheit harmonisch zusammengeführt werden kann und dabei die Koinonia, die Gemeinschaft, gewahrt bleibt? Den Einheimischen und den Migranten muss bewusst gemacht werden, dass die Kirche Jesu „Volk Gottes“ ist, zu dem alle Christen gehören, egal welcher Rasse und welcher Nation oder welchem Volk sie auch angehören mögen. Auch das Konzept der „Inkulturation“ oder „Integration“ hilft hier sicherlich weiter. Die Konzilsdekrete „Gaudium et Spes“ und „Ad Gentes“ sowie die Enzykliken „Evangelii Nuntiandi“ und „Redemptoris Missio“ zeigen Wege auf, wie die Inkulturation aussehen könnte. Allerdings müsste die Kirche in den verschiedenen Ländern in Europa diese Impulse aufnehmen und sie konkretisieren, d. h. Inkulturation oder Integration ihrem jeweiligen Kontext anpassen. Diese Arbeit ist heute umso notwendiger, weil die Begriffe Inkulturation und/oder Integration inflationär verwendet werden. Jeder gebraucht sie, doch keiner kann sie genau definieren.
Migrantenpastoral ist eine missionarische Pastoral
Die Migranten erinnern die Ortskirche auch daran, dass sie missionarisch ist. Über Jahrhunderte hat man die Mission als eine „missio ad extra“ verstanden. Orden und Kongregationen wurden beauftragt, den Frauen und Männern außerhalb Europas das Evangelium zu verkünden und die Kirche aufzubauen. Die Entdeckung und Anerkennung der nicht westlichen Kulturen haben zu einem neuen Verständnis des missionarischen Wirkens geführt. Von einer Mission im theologischen Horizont der Universalkirche als „Verbreitung des Glaubens und des Heils der Ungläubigen“ ging man zur Mission im Sinn von „Einpflanzung der Kirche“ über. Der Paradigmenwechsel drückt sich auch aus, wenn wir heute von der Evangelisierung der jeweiligen Gesellschaft sprechen.
Die Kirche in Europa wird daran erinnert, dass zur Mission auch gehört, den Fremden aufzunehmen. Es geht nicht an, dass der Migrant sich auf die Suche machen muss, um seine kirchliche Gemeinschaft zu finden. Vielmehr sollte es umgekehrt sein – die Gemeinde sollte ihn aufsuchen und ihm entgegenkommen. Es gehört zum Auftrag, „die frohe Botschaft zu verkünden“, dass der Seelsorger und die pastoralen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sich um den „Fremden“ sorgen, ihm entgegengehen und ihn in die kirchliche Gemeinschaft einführen.
Notwendige Zusammenarbeit zwischen Bischöfen und Bischofskonferenzen
Um das oben Gesagte umzusetzen, ist die Kommunikation zwischen den Verantwortlichen der Pastoral notwendig. Hier wäre zuerst die Zusammenarbeit zwischen den Bischöfen in bilateralen Kontakten, ferner die Harmonisierung der Migrantenpastoral innerhalb einer Bischofskonferenz und endlich die Rolle des Nationaldirektors zu stärken.
Einheit von Pastoral und sozialem Engagement
Zu Migration und Wanderungsbewegungen gehört das Phänomen des Ausschließens und der Marginalisierung. Die Gemeinde, die den Fremden aufnimmt, muss deshalb mit den sozialen Aspekten der Integration beginnen. Migrantenpastoral und soziale Arbeit sind miteinander untrennbar verbunden, wobei der Versuchung widerstanden werden muss, Migrantenpastoral auf Sozialarbeit zu reduzieren. Zum einen ist das Spezifische an der Situation der Arbeitsmigranten, dass sie sich gerade nicht in einer wirtschaftlichen und materiellen Armutssituation befinden. Zum anderen schließt die Situation der Frauen und Männer, die aus politischen oder religiösen Gründen um Asyl gebeten haben, gerade die materielle Armut mit ein. Für beide Gruppen gilt jedoch, dass sie sich durch Kultur und religiöse Ausdrucksformen von den Mitgliedern der aufnehmenden Gemeinden unterscheiden, was zum Hindernis für eine aufrichtige Begegnung werden kann. Erschwerend kommt weiter hinzu, dass das nationale und europäische Recht die Migranten in zwei Klassen einteilt. Es wird zwischen den Frauen und Männern, die aus einem Land der Europäischen Union kommen, und den Ausländern, die aus anderen Ländern und Kontinenten zu uns ziehen, unterschieden. Die ersten werden als weniger fremd wahrgenommen. Die anderen hingegen gelten als wirkliche Fremde, und die einheimischen Christen stehen ihnen mehr reserviert gegenüber.
Im eingangs erwähnten Schreiben des Papstes zum Welttag der Migration heißt es ferner: „Solidarität bedeutet, gegenüber dem, der in Schwierigkeiten ist, Verantwortung wahrzunehmen. Für den Christen ist der Migrant nicht einfach ein Individuum, das er nach gesetzlich festgelegten Vorschriften zu respektieren hat, sondern eine Person, deren Anwesenheit ihn herausfordert und deren Bedürfnisse seine Verantwortung verpflichten. ‚Was hast du mit deinem Bruder gemacht?’ (Gen 4,9). Die Antwort ist nicht in den vom Gesetz vorgeschriebenen Grenzen, sondern im Stil der Solidarität zu geben.“
Damit die kulturellen Unterschiede nicht mit Armut verwechselt werden und die Pastoral nicht zu Sozialarbeit verkümmert, muss die Zusammenarbeit zwischen Caritas und Gemeindearbeit ausgewogen gestaltet werden. Sie sind miteinander untrennbar verbunden, wobei die Migrantenpastoral den Weg aufzeichnet, auf dem sich die beiden Tätigkeitsbereiche bewegen.
Aus- und Weiterbildung
Politische Umbrüche seit 1989/1990, kulturelle und soziale Entwicklung haben die europäische Gesellschaft verändert. Die Pastoral muss darauf antworten. Es ist deshalb notwendig, dass die pastoralen Mitarbeiter schon in ihrer Ausbildung die Gegebenheiten der Mobilität oder der Migration kennen lernen. Sie müssen lernen, dass bei der Migration pastorale, rechtliche, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Aspekte eine wichtige Rolle spielen. Die katholische Kirche sollte von der Europäischen Union lernen. Diese betreibt das Programm „Sokrates“, das den Austausch von Studenten in der Union fördert. Das Studium im Ausland soll beitragen, Europa in seiner Einheit und Vielfalt existenziell kennen zu lernen.
Thesen für die pastorale Arbeit in einem Europa im Wandel
Ich übernehme hier Vorschläge und Empfehlungen, die die Nationaldirektoren auf ihren jährlichen Treffen seit 1997 artikuliert haben. Diese Treffen werden von der Kommission Migration des „Rates der Europäischen Bischofskonferenzen“ (CCEE) organisiert. Zudem organisiert die CCEE-Kommission alle drei bis vier Jahre ein Seminar für Bischöfe, die für die Migrantenpastoral zuständig sind, sowie für die Nationaldirektoren.
Es gibt keine vorübergehende Migration. Diese Feststellung sollte von den Bischöfen auf europäischer Ebene ins Bewusstsein sowohl der einzelnen Bischofskonferenzen als auch der Pfarreien und Missionen gebracht werden. Die in den fünfziger Jahren eingereisten Arbeiter wurden als „Gastarbeiter“ bezeichnet. Nun sind aber diese Gäste in den jeweiligen Ländern geblieben und haben ihre Familien nachkommen lassen. Hinzu kommen in den letzten Jahren und Jahrzehnten vielfältige Migrationen, bedingt durch Krieg, Flucht, soziale und wirtschaftliche Not, Globalisierung, die verdeutlichen, dass es weiterhin Migration geben wird. Migration wird daher auf unabsehbare Zeit eine Herausforderung an die Pastoral der Kirche bleiben, was eine neue Schwerpunktsetzung für die Gesamtpastoral bedeutet. Diese Entwicklung findet auf verschiedenen Ebenen statt: Vom Bischof über Bistümer, Bischofskonferenzen und in den einzelnen Gemeinden und Missionen.
Seit einigen Jahren stellt man in der Migrantenpastoral eine gravierende Veränderung fest, v. a. in dem Bereich der „Frauenmigration“. Die Pastoral muss diesen Bereich in Zukunft mehr und intensiver in den Blick nehmen. Bei dieser Entwicklung wird festgestellt, dass die Frauen die größte Last bei Flucht, Vertreibung, Krieg und Arbeitsmigration tragen. Bisher ist ihre Rolle aber zu wenig bekannt und gewürdigt worden. Ferner muss die Kirche auch das Problemfeld Frauenhandel wahrnehmen. Die Bischofskonferenzen könnten Hilfe zur Verhinderung geben. Sie setzt allerdings voraus, dass es zu intensiveren Kontakten zwischen den Bischofskonferenzen, zwischen Bischöfen sowie zwischen Pfarreien kommt. Eine enge Zusammenarbeit auf diesem Arbeitsfeld mit der Caritas ist einsichtig.
Heute leben mehrere Millionen Menschen in Europa in der Illegalität. Sie haben in den jeweiligen Ländern keine Aufenthaltsberechtigung, was eine weitere große pastorale Herausforderung ist. Sie leben in ständiger Angst. Sie haben nur zu einer Institution Vertrauen: der Kirche. Ortspfarreien und Missionen sind Anlaufstellen, und ihre pastoralen Mitarbeiter sind Ansprechpartner für diese Menschen. Die Kirche ist aufgefordert, neben ihrem pastoralen und karitativen Tun die Politik für dieses Problem zu sensibilisieren und sie zu bewegen, sich für eine wie auch immer geartete Legalisierung einzusetzen. Jeder Mensch hat das Recht auf Seelsorge und ein Recht auf Menschenrechte.
Migration muss einen Platz im Studiengang Theologie haben, wobei zu diskutieren wäre, an welcher Stelle des Gesamtstudiums das Thema untergebracht werden kann. Ideal wäre es, wenn Migration als durchlaufendes Thema im gesamten Studiengang vorkommen würde. Eine Anbindung allein an die Pastoraltheologie scheint zu kurz zu greifen. Das Thema Migration/Migrationstheologie ist seit Jahren in Europa in der Diskussion. Bis jetzt gibt es nur vereinzelte Theologen, die in ganz unterschiedlichen theologischen Fächern Ausführungen zur Migration oder Migrationstheologie machen. Des weiteren ist festzustellen, dass es an der Aus- und Weiterbildung der pastoralen Mitarbeiter in diesem Bereich mangelt.
Durch die Migration haben auch der ökumenische und der interreligiöse Dialog an Bedeutung gewonnen. Die Migration bringt es mit sich, dass sich heute in allen europäischen Ländern Christen verschiedener Konfessionen begegnen. War die Ökumene in manchen europäischen Ländern früher vielleicht eine Tätigkeit weniger Theologen, so ist sie heute existenziell für jede Pfarrei geworden. Und das gilt auch für den interreligiösen Dialog. Als Migranten kamen Frauen und Männer aus islamisch oder buddhistisch geprägten Kulturen nach Europa und haben sich eingerichtet. Sie kamen mit ihren religiösen und gesellschaftspolitischen Konzepten und suchen nach Wegen, wie sie ihre Tradition in der europäischen Diaspora leben können. Sie bauen heute ihre Moscheen und Pagoden und werden in der Gesellschaft sichtbar und bekommen dadurch ihre eigene Struktur. Der interreligiöse Dialog ist also notwendig, damit ein friedliches Miteinander in Zukunft möglich sein wird.
Mehr gefordert werden auch die katholischen Medien, Presse, Rundfunk und Fernsehen. Sie können eine Vermittlerrolle zwischen den Europäern und den Immigranten im allgemeinen und zwischen den Christen im speziellen spielen. Sie können das Wissen über die Menschen aus den verschiedenen Kulturen und Religionen, die heute in Europa leben, vertiefen. Eine Kenntnis des jeweils anderen fördert die Verständigung und das Zusammenleben.
In mehreren europäischen Ländern werden heute die „Woche des ausländischen Mitbürgers“ oder der „Tag der Völker“ durchgeführt. Diese Aktion hat sich über viele Jahre bewährt, könnte allerdings einen neuen Anstoß für die Zukunft gebrauchen. Für die Länder, in denen diese Aktion bisher nicht durchgeführt wird, wäre es ein Anstoß, sich mit dem Problemfeld Migration auseinanderzusetzen. Wünschenswert wäre es, wenn die Bischofskonferenzen in allen europäischen Ländern für diese Aktion sich auf ein einheitliches Thema einigen könnten.
Literaturhinweise:
- Pino Colombo: La teologia della Chiesa locale, in: A. Tessarolo, La Chiesa locale. Bologna 1970.
- Päpstliche Kommission für den Menschen unterwegs: Pastorale Horizonte heute. Rom 1987.
- Angelo Negrini: Una questione di Chiesa. Problemi religiosi e pastorali dell‘ emigrazione italiana in Germania. Rom 2001
- A. Blume: Accoglienza degli Immigrati. People on the Move. (34), 2002 (December).