Die katholische Kirche Polens auf dem Weg in die „Gemeinschaft des Geistes“
Was des Kaisers ist, soll auch dem Kaiser gegeben werden: Während sich die polnische Regierung um die Mitgliedschaft in einer wirtschaftlich-politischen Gemeinschaft bemüht, ist die katholische Kirche ihrerseits vornehmlich am Aufbau einer „Gemeinschaft des Geistes“ und der Wiederherstellung der sichtbar mangelnden universalen Identität des Kontinents interessiert. Obwohl es natürlicherweise zwischen beiden Bestrebungen zahlreiche Berührungspunkte gibt, bleiben diese trotzdem zwei verschiedene Dimensionen. Daher scheint eine eindeutige Stellungnahme der polnischen Bischofskonferenz „für“ oder „gegen“ die heutige Europäische Union (EU) nicht möglich und sogar nicht nötig zu sein. Dadurch gelingt es den polnischen Bischöfen auch, den Absichten einiger politischer Kräfte und weltanschaulicher Milieus, die institutionelle Kirche in eigene politische Pläne einzubeziehen, zu widerstehen und ihre Unabhängigkeit zu bewahren. Die Kirche pilgert mit ihrem Volk in die Christianitas, beteiligt sich aber mit Interesse und einem zurückhaltenden Entgegenkommen am Verlauf der Annäherung an die EU. Diese Wallfahrt ist nicht einfach und mit verschiedenen Risiken verbunden. Anders ist es aber in der Kirchengeschichte bisher selten gewesen.
Religiöser Geist als europäische Mitgift Polens
Das Interesse des Episkopats am Prozess der Integration in die EU entwickelte sich parallel zur Entwicklung der Europabestrebungen Warschaus. Man kann sich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass dieses Interesse eher mit den realen Chancen Polens auf eine Mitgliedschaft stieg. Erst im November 1997 kam es zu einem Informationsbesuch der Delegierten der Bischofskonferenz bei den Institutionen der EU in Brüssel.1
Direkte Inspiration für die proeuropäische Politik der Bischöfe bildet die Vision des polnischen Papstes, der mit seiner Metapher über ein „vereintes Europa, das mit beiden Lungenflügeln atmet“, die geistige Einheit der Völker des Kontinents befürwortete. Seine Überzeugung, dass „eine Einschränkung der Europavision nur auf die wirtschaftlichen und politischen Aspekte“ den Bestand der Gemeinschaft auf Dauer nicht sicherstellt, falls diese nicht auf den „Werten, die Europa anfänglich gestalteten“ errichtet wird, fand ihren Ausdruck in seiner Rede im Polnischen Sejm am 11. Juni 1999. In der von ihm definierten Gemeinschaft sieht er einen festen Platz für sein Heimatland, das bereits seit 966 dem christlichen Europa angehört.
Diese päpstliche Vision bestimmte das eigene kirchliche Ausmaß der europäischen Vereinigung – religiöse Stärkung der „Gemeinschaft des Geistes“ – und erlaubte damit den Geistlichen, ihre Rolle im Integrationsprozess zu definieren, wie auch die Tätigkeit polnischer Politiker und Verhandlungsführer in Brüssel wohlgesinnter zu verfolgen. Seit diesem Zeitpunkt begann die Kirche regelmäßige Kontakte und Besprechungen mit beiden Seiten des Verhandlungstisches zu pflegen. Die Trennung der beiden Dimensionen ermöglichte es ebenso, eine einheitliche positive Haltung des Episkopats auszuarbeiten. Die Geistlichen konnten sich also darauf verständigen, dass ihre Bereitschaft, am Aufbau der geistigen Identität des Kontinents teilzunehmen, nicht unbedingt ihre Zustimmung für alle Aspekte der heutigen EU und polnischen Europapolitik voraussetzt.2 Seit langem erfüllen der moralische Niedergang der EU-Länder wie auch die zunehmenden laizistischen Tendenzen viele Bischöfe mit großer Beunruhigung.
In einem nach der 316. Sitzung der Bischofskonferenz vom 21. März 2002 vorgelegten Dokument3 präzisierte der polnische Episkopat seine Stellung zur Rolle Polens in dem sich vereinigenden Europa. Diese Stellungnahme setzte auch einen ideellen Rahmen für eine Entscheidung im bevorstehenden Referendum, das eine persönliche Gewissensentscheidung sein soll. Die Kirche ist sich darüber im Klaren, dass nur solche Maßnahmen von ihr unterstützt werden können, die der integralen Entwicklung der menschlichen Person und dem Gemeinwohl dienen. Die Bischöfe betrachten Europa nicht nur als eine wirtschaftliche Gemeinschaft, sondern auch als eine Gemeinschaft von Geschichte, Kultur, Geist und Tradition. Die Einbindung in die europäischen Strukturen kann kein Verzicht auf nationale, politische und kulturelle Souveränität bedeuten. Sie beziehen sich auf den christlichen Ursprung der Gemeinschaft und die Namen ihrer Gründer Alcide de Gasperi, Konrad Adenauer und Robert Schuman. Die Mitglieder des Episkopats bedauern es, dass aus der europäischen Charta sämtliche unmittelbaren Bezüge zu Religion und Christentum getilgt wurden. Zusammen mit Papst Johannes Paul II. erachten sie dies als eine ahistorische und beleidigende Tatsache auch den erwähnten Vätern der Europäischen Gemeinschaften gegenüber und erwarten, dass sich in der künftigen Gesetzgebung ein Bezug auf Gott finden wird. Am Ende der Botschaft wird auf den hl. Adalbert und andere europäische Schutzheilige verwiesen. Die Bischöfe warnen auch davor, die Aussagen des Papstes zu instrumentalisieren. Unmittelbar aus diesem Dokument ergeben sich die Kriterien, nach denen sich die Mitglieder der Kirche während des für den 9. Juni 2003 geplanten Europa-Referendums richten können. Genauer formuliert diese Kriterien der polnische Vertreter in der ComECE, Erzbischof Henryk Muszyński: Ein Katholik, der am Beitrittsreferendum teilnehmen möchte, soll vorab erwägen, in welchem Ausmaß die Integration dem Wohl des Landes dient, ob die getroffenen Reformmaßnahmen, die das Land zur Integration führen, demokratisch durchgeführt sind und ob im Mittelpunkt aller Reformen der Mensch und sein Wohl stehen.
Die Kirche ist sich auch dessen bewusst, dass die Stärke des Katholizismus und des ganzen Christentums im vereinten Europa in hohem Maße von der Stärke des Geistes und der Kultur einzelner Menschen abhängt. Klauseln wie die Invocatio Dei können auch bloße Formeln bleiben, falls kein reales und wirksames Handeln dahinter steckt. Daher sind für die Kirche jene Garantien im EU- Recht, die den religiösen Freiheiten und Grundwerten des Christentums einen Platz gewähren, von grundsätzlicher Bedeutung.
Auf welche Weise können die Polen nun Europa bereichern? Sie haben den übrigen Europäern die Vitalität ihres Glaubens, ihre Moral und zahlreiche Priesterberufungen als „Mitgift“ anzubieten. Vom westeuropäischen Katholizismus können sie wiederum lernen, wie man in einem mehr oder weniger säkularen Alltag christliche Prinzipien befolgen kann.
Die Kirche Polens gegenüber dem laizistischen Westen
Im Laufe der Europa-Debatte vor dem Referendum haben die Bischöfe unvermindert die Notwendigkeit einer „ehrlichen, wahren und gründlichen Information“4 über den EU-Beitritt betont. Die polnischen Bischöfe wandten sich außerdem mit einem Appell an „alle Gewalten und Persönlichkeiten, die für den Informationsaustausch über diesen Prozess zuständig sind“, mit Bitte um „vollständige Darstellung aller Argumente, die mit dem Integrationsthema zusammenhängen“. Die Grundlage für diese Stellung bildet die mehrmals vom Primas geforderte christliche Dialogbereitschaft, so etwa auf der Konferenz „Quo vadis Europa?“ (15./16. März 2003, Gnesen), wo Intellektuelle und Politiker Zukunftsvisionen austauschten, die Rolle der Christen in Europa zu definieren suchten, aber auch Ängste spürbar wurden.
Darüber hinaus scheint die Kirche die einzige gesellschaftliche Kraft zu sein, die das Prinzip einer offenen Europa-Debatte realisiert. Ihre Aufgabe ist dadurch erleichtert, dass die Geistlichkeit – im Unterschied zu den anderen Teilnehmern der Europa-Debatte – jedem politischen Einfluss fern bleibt. Die oft oberflächliche Propaganda, mit der man es sonst an der Weichsel in Bezug auf die EU zu tun hat, steht nämlich in einem eklatanten Widerspruch nicht nur zum Postulat einer „Gesellschaft der Bürger“, sondern auch zum von Johannes Paul II. verwendeten Begriff einer „souveränen Gesellschaft“. Leider hat man es seitens der europaenthusiastischen und -skeptischen Politiker in Polen vorwiegend eher mit einer vordergründigen Europa-Debatte zu tun, in der u. a. finanzielle Emotionen die Argumente ersetzen.5
Einig in der Verschiedenheit
Von der Einschätzung Erzbischofs Muszyński, dass es „keinen Riss zwischen den Bischöfen in der Frage ‚Europa’ gibt, nicht überzeugt, lässt sich ein Teil der Presse gerne auf Spekulationen ein. Dabei ist zumindest festzustellen, dass die Idee eines Wiederaufbaus der neuen geistlichen Qualität der Gemeinschaft eine einhellige Zustimmung im Episkopat findet und es niemanden gibt, den man als einen „Abweichler“ bezeichnen könnte. Genauso selten wie eine kompromisslose Ablehnung der heutigen EU sind Aussagen, die zwischen „Christianitas“ und Union kaum unterscheiden. In Bezug auf die Union selbst aber, wie auch in vielen nichtreligiösen Fragen, bestehen Meinungsverschiedenheiten. Die Bischöfe sind gemäßigt, was aber nicht „unkritisch“ bedeutet.
Die Wochenzeitung „Tygodnik Powszechny“ präsentierte am 9. Februar 2003 eine ziemlich breite Meinungspalette polnischer Bischöfe, die nach ihrer Stellung zu Europa und zur EU befragt wurden. (An der Umfrage nahmen aber nur 21 von 42 Ordinarien teil). Neben der generellen Akzeptanz der Episkopat-Linie und Kritik des herrschenden Laizismus verknüpft die Hierarchie mit dem Integrationsprozess viele andere Fragen, die größtenteils ihre Erfahrungen in den eigenen Diözesen widerspiegeln. Obwohl sich zahlreiche Stimmen auf das Postulat Johannes Paul II. der Vereinigung des Ostens und Westens Europas berufen, gibt es nur eine, die die negativen Folgen der Schließung der polnischen Ostgrenze nach dem EU-Beitritt erwähnt. Es handelt sich um die Kontakte zur Ukraine, für welche Polen ein „Fenster in den Westen“ ist. In den Ländern der ehemaligen Sowjetunion leben einige Millionen Katholiken meist polnischer Herkunft. Sie werden in erster Linie von der Einführung der Visumpflicht betroffen sein, wenn Polen ein EU-Mitglied wird. Kritik üben die Bischöfe an detaillierten Regelungen und Unifizierungstendenzen, die zwangsläufig die menschliche Freiheit einschränken. Die Zukunft dürfe nicht nur den Ökonomen und Bürokraten anvertraut werden. In Wirtschaftsfragen sind ziemlich große Meinungsunterschiede festzustellen, die stark mit der Lage in der eigenen Diözese zusammenhängen, insbesondere der Landwirtschaft. Allzu oft scheint das Wissen der Hierarchie über die Wirtschaftsprobleme leider zu oberflächlich zu sein; der Einsatz eines Wirtschaftsexperten wäre notwendig, um nicht ständig nur auf die Quellen der Regierung angewiesen zu sein.
Selbstverständnis der Kirche – nur beratend
Von den Priestern in den einzelnen Pfarreien sprechen sich 58 % für den EU-Beitritt aus, dagegen 20 %. 96 % der Befragten (von insgesamt 600) möchte am Referendum teilnehmen (im Vergleich zu 78 % in der Gesamtbevölkerung). 29 % wollen Informationsmaßnahmen durchführen.6 Unzufriedenheit bei den Priestern weckt wiederum der Charakter der letzten Verhandlungsphase, in der besonders die finanziellen Aspekte besprochen wurden. „Das allgemeine Bild der Union ist kritisch, aber in den Einzelheiten nicht so scharf“, bemerkt Piotr Mazurkiewicz, Professor an der katholischen Stefan-Wyszyński-Universität in Warschau, in seinem Kommentar. Die Geistlichkeit teilt die Überzeugung mit, dass Polen den anderen Europäern wertvolle Überlieferungen anbieten kann. Eines der aktivsten Zentren der europäischen Debatte in der Kirche wurde das am 1. Oktober 2002 gegründete Sankt-Adalbert-Forum, das zahlreiche katholische Bewegungen und Organisationen vereinigt.
In der seelsorgerischen Arbeit wie auch in der Teilnahme an der Europa-Debatte kann die Kirche mit Unterstützung seitens der mit ihr verbundenen Medien rechnen: vom polenweiten Fernsehsender „Puls“ über das Netz der Rundfunksender, viele kleinere lokale Radiosender in den Diözesen, bis hin zur kirchlichen und weltlichen Presse, von welchen die Wochenzeitung „Tygodnik Powszechny“ zumeist europaenthusiastische Positionen vertritt. Eindeutig europaskeptisch ist wiederum „Radio Maryja“, das vom Redemptoristen-Pater Tadeusz Rydzyk in Thorn gegründet worden ist. Der Sender versammelt mehrere Millionen Zuhörer und ist zu einem der einflussreichsten meinungsbildenden Medien innerhalb der Kirche geworden. Die vor wenigen Wochen erworbene Konzession für einen Fernsehsender „Trwam“ (etwa: „ich harre aus“) kann es vermutlich noch stärken. Der Episkopat schätzt zwar die pastoralen Bemühungen des Paters Rydzyk (Einspruch gegen laizistische Tendenzen, Verteidigung des ungeborenen Lebens, Radiogebete) kritisiert aber den Sender wegen mangelnder Dialogbereitschaft. „Zwischen dem Radio und der Linie des Episkopats bestehen ernsthafte Differenzen.“7 Durch sein votum separatum gegen den Standpunkt Józef Glemps verletzt Pater Rydzyk die Autorität des Primas, was in der Kirche unzulässig ist.
Wem gehört die Zukunft?
Eine erste Herausforderung für die Kirche können die ersten Monate nach dem gewonnenen Beitrittsreferendum bringen, wenn die regierende Sozialdemokratie (SLD) ihre diesbezügliche Unterstützung nicht mehr benötigen wird. Das Ergebnis war bis zum Wochenende des Referendums offen, es zählte jede Stimme und jeder Beteiligte. Andererseits aber war die Absicht des politisch immer schwächer werdenden sozialdemokratischen Premierministers Leszek Miller deutlich, den Erfolg des Europareferendums als einen Erfolg seiner Regierung hinzustellen. Beide Faktoren hatten zur Folge, dass die SLD in den letzten Monaten viele verlockende Gesten gegenüber der katholischen Hierarchie gemacht hat. Dem Episkopat gelang es, dieser Instrumentalisierung des eigenen Europainteresses mit Erfolg aus dem Weg zu gehen. Nach dem gewonnenen Referendum könnte es nämlich zu einer Offensive der progressiven Kräfte kommen, wenn diese – „fest im Sattel sitzend“ – diesen Erfolg als eine Ausgangsposition zu den politischen Forderungen in manchen Lebensbereichen sehen. Mehrmals gab es in den letzten Monaten in diesen Kreisen Stimmen, die zur Novellierung des seit 1993 geltenden Abtreibungsgesetzes aufriefen.8 Besonders eine Aussage verknüpfte eindeutig diese Frage mit der Stellung der Kirche zum Beitrittsreferendum. Es handelt sich um die Worte des SLD-Generalsekretärs Marek Dyduch, der am 18. Dezember 2002 sagte, dass die SLD „schon heute darüber [über die Novellierung] spreche, damit sich die Kirche nicht betrogen fühle, dass sie die Integrationsbestrebungen der Regierung unterstützt hat“. Einen Monat später deutete der sozialdemokratische Parlamentspräsident Marek Borowski, eine der Galionsfiguren der SLD und mutmaßlicher Spitzenkandidat in der Präsidentschaftswahl 2005, dies an.
Es ist ersichtlich, dass die SLD-Politiker unter Druck der „Hardliner“ aus den eigenen Reihen stehen. Dennoch haben Miller und Staatspräsident Kwaśniewski an der Aussage von Dyduch unverzüglich Kritik ausgeübt, vermutlich um das Entgegenkommen der Kirche gegenüber der polnischen Europapolitik nicht aufs riskante politische Spiel setzen zu lassen. Zweifel bleiben aber berechtigt, ob der Premierminister wirklich willens und fähig ist, diese Stimmungen innerhalb der eigenen Basis auf Dauer zu dämpfen. Als ein anderes Anzeichen dafür, dass Novellierungstendenzen seitens der linken Politiker wahrscheinlich sind, kann die wortkarge Formulierung einer der drei Deklarationen gelten, die die Regierung (nach dem Vorbild Irlands und Malta) dem Beitrittsvertrag beigefügt hat. Dadurch soll die Möglichkeit vermieden werden, dass europäisches Recht künftig in ethischen Fragen Vorrang vor dem polnischen hat. An der Form der Deklaration haben die Bischöfe scharfe Kritik geübt, weil sie aus ihrer Sicht zu allgemein ist und unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten eröffnet.
Eine andere Herausforderung wird wiederum die Tatsache sein, dass die polnische Kirche – trotz ihrer tausendjährigen Präsenz in Europa – nicht genügend mit der Wirklichkeit und Vielfalt der Probleme der westeuropäischen Länder vertraut ist. Auch bleibt die Frage nach den neuen Mitteln, mit welchen von den Katholiken versucht wird, die gesetzten kühnen Ziele zu erreichen. Die Kirche mag natürlich an einer Anwendung demokratischer Mechanismen (Gewinnung einer politischen Unterstützung, z. B. seitens der Europäischen Volkspartei EVP) interessiert sein. Es könnte aber in großem Maße nur ein Mittel sekundärer Bedeutung sein, weil ethische Fragen sowieso nicht von der vox populi entschieden werden sollen. Es besteht auch keine Garantie dafür, dass der Beitritt der katholischen Hochburg Polen zur EU die EVP stärkt. Der polnische Katholizismus spiegelt sich nicht in den politischen Entscheidungen der Polen wider; darin ähnelt er dem italienischen. 40 Jahre Gewöhnung mancher Polen an den Sozialstaat und ihr davon bedingtes heutiges abergläubisches Vertrauen zur postkommunistischen Sozialdemokratie mögen in der Europa-Parlamentswahl auch einen Ruck nach links bewirken.
Ausblick
Welches Erbe wird die künftige Gestalt Europas beeinflussen? Vieles spricht dafür, dass es das Erbe der Französischen Revolution sein wird, das unweigerlich zu einem laizistischen Superstaat führt. Es kann aber auch das Erbe der Christianitas sein, in welche jetzt auch die polnische Kirche pilgert. Wem also gehört die Zukunft? Nach Worten von Kardinal Glemp denjenigen, die die Frohbotschaft des Evangeliums auf der Fahne tragen – und Europa hat nur eine universale Tradition.
Fußnoten:
-
Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Józef Kardinal Glemp, äußerte wiederholt seine Offenheit für den EU-Beitritt Polens; Vorbehalte habe er nur in wenigen Punkten (vgl. „Tygodnik Powszechny“, 09.02.2003). Sich selbst bezeichnet er oft als einen „Eurofatalisten“, der als Pole auf Europa angewiesen ist. ↩︎
-
Einige europaskeptische politische Milieus, die sich gerne auf die kirchliche Lehre berufen, lehnen die Stellung des Episkopats zur Integration in die EU als eine Frage, die sich nicht auf Religion und kirchliche Sittenlehre nicht bezieht, strikt ab (u. a. die national gesinnte Partei „Liga der polnischen Familien“). ↩︎
-
Dieses Dokument kann im Internet auch in deutscher Sprache abgerufen werden: www.episkopat.pl/dokumenty/unia/index.html. ↩︎
-
Nach den Bemerkungen von Kardinal Glemp vom 19.12.2002, die als ein Motto für die homepage „Christliches Europa“ der Katholischen Nachrichtenagentur KAI verwendet wurden. ↩︎
-
Kulisse, Charakter und Versäumnisse der Europa-Debatte beschreibt der Autor in „Polnische Eungewissheiten“, in: Politische Studien, Nr. 386/2002, München. Vgl. auch „Die politische Meinung“, Nr. 367/2000, Sankt Augustin. ↩︎
-
Nach einer Umfrage des Institutes für Öffentliche Angelegenheiten (ISP), „Rzeczpospolita“, vom 20.01.2003. ↩︎
-
So Erzbischof Henryk Muszyński am 11. März 2003. ↩︎
-
Dieses Gesetz erlaubt einen Schwangerschaftsabbruch, wenn die Schwangerschaft die Folge eines sexuellen Missbrauchs ist, wenn sie die Gesundheit der Schwangeren gefährdet bzw. das Risiko einer Gesundheitsstörung für die Leibesfrucht besteht. ↩︎