Schwieriges Erinnern: Das Trauma des Zweiten Weltkrieges lebt in Belarus fort

aus OWEP 1/2021  •  von Anika Walke

Dr. Anika Walke ist Professorin für Geschichte an der Washington University in St. Louis (USA). Ihr Forschungsinteresse gilt seit vielen Jahren dem Zweiten Weltkrieg und dem nationalsozialistischen Genozid in der früheren Sowjetunion. 2015 erschien ihr Buch „Pioneers and Partisans: An Oral History of Nazi Genocide in Belorussia“ (Oxford University Press).

Zusammenfassung

Die Erinnerungen an die Verbrechen während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieges sind bis heute in Belarus sehr lebendig. In Deutschland hingegen ist die Unwissenheit weit verbreitet. Erst spät kam es zu Entschädigungen für die Opfer.

„Die Juden in unserer Gegend konnten sich nicht vorstellen, dass die Deutschen sie umbringen würden“, sagt Aleksandra B. in einem Zeitzeugen-Interview1. Nach den Erfahrungen mit der deutschen Besatzung während des Ersten Weltkrieges nahmen viele der auf belarussischem Territorium lebenden Jüdinnen und Juden 1941 an, sie würden auch die erneute Besatzung überleben.

Doch diese Hoffnung erwies sich als falsch, wie Aleksandra B. weiter berichtet. Wenige Monate nach dem Einmarsch deutscher Truppen wurden die 84 Jüdinnen und Juden im Dorf Valynсy, nahe der Stadt Verchnjadzvinsk (damals Drissa), in wenigen Häusern zusammengetrieben und hinter Stacheldraht festgehalten. Einen knappen Monat später trieb ein deutsches Einsatzkommando die Gruppe in ein nahegelegenes Wäldchen und erschoss sie am 2. Februar 1942 an einer vorbereiteten Grube. Nur ein Geschwisterpaar, Riva und Lonja Сirkin, überlebte das Massaker. Sie hatten von Erschießungen in umliegenden Dörfern gehört, das Ghetto rechtzeitig verlassen und sich bei Bekannten versteckt. Der Dorfälteste, ein Mann mit dem Nachnamen Malej, hatte den Deutschen dabei geholfen, die jüdischen Dorfbewohner zu identifizieren, wie Aleksandra B. erläutert. „Der hat alle verraten, Juden, Kommunisten, Komsomolzen, alle.“ Auch andere Einheimische aus Valyncy und nahen Dörfern beobachteten die Erschießung ihrer jüdischen Nachbarinnen und Nachbarn aus nächster Nähe.

Gemeinsam mit ihrer Schwester und ihrem Vater versorgte Aleksandra B. nach eigenen Angaben in den folgenden Monaten die Partisanen in den umliegenden Wäldern mit Informationen über deutsche Angriffspläne und mit Munition, die sie aus deutschen Waffenbeständen gestohlen hatten. Im März 1943 wurden fast alle Einwohner aus Valyncy zusammengetrieben und in ein Lager nahe der Kleinstadt Obol‘ gebracht. Aleksandra B. schildert, dass Schläge, Hunger und harte Arbeit, insbesondere beim Ausheben von Panzergräben, sie sehr erschöpften. Sie zweifelte langsam daran, dass sie den Krieg überleben würde.

Erfahrungen unter deutscher Besatzung

Ihre Mutter versuchte vergebens, ihr Lebensmittel durch den Lagerzaun zukommen zu lassen, wurde aber weggeschickt. „Wir waren sicher, dass wir uns nie wiedersehen würden“, sagt Aleksandra B. Als sowjetische Truppen die Deutschen 1944 aus Belarus heraus zu drängen begannen, wurden die Gefangenen noch in einen Zug gepfercht, vermutlich in Richtung Riga. Aleksandra B. entzog sich dieser Deportation und sprang vom Zug, als sie die ausgebrannten Ruinen ihres Heimatdorfes erblickte. Es war nach der Deportation der Bevölkerung in Brand gesteckt und weitgehend zerstört worden.

Aleksandra B. fand Unterschlupf bei einer Tante in Balabanščina, bei der auch ihre Mutter inzwischen wohnte. Ihre Familie war eine der wenigen, die nach Kriegsende wieder zusammenfand, doch auch sie benötigten mehrere Jahre, ehe sie wieder ein angemessenes Dach über dem Kopf hatten. Im Juli 2008, zum Zeitpunkt ihres Interviews mit der französischen Organisation Yahad-in Unum, lebte Aleksandra B. in der Stadt Verchnjadzvinsk. Die Familie hatte sich in der Nachkriegszeit wie viele andere in der nächstgrößeren Ortschaft angesiedelt, weil der Wiederaufbau ihrer Dörfer große Reserven erforderte oder oftmals auch gar nicht stattfand.

Aleksandra B.s Erfahrung mit der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg ähnelt der vieler anderer Menschen in der damaligen Belorussischen Sozialistischen Sowjetrepublik (BBSR) während des Zweiten Weltkrieges. Was uns heute als Belarus bekannt ist, war von 1941 bis 1944 der Schauplatz massiver Gewalttaten gegen die jüdische und nichtjüdische Zivilbevölkerung.

Deutsche Wehrmachtstruppen griffen die Republik am 22. Juni 1941 frühmorgens an und überrannten das Land förmlich. Die sowjetischen Truppen waren unvorbereitet, schlecht ausgestattet und aufgrund der stalinistischen Säuberungen Ende der 1930er Jahre auch personell in schlechter Verfassung. Viele gutausgebildete Offiziere waren in der UdSSR entweder in Haft geraten oder getötet worden. Die sowjetische Regierung hatte Warnungen vor einem bevorstehenden deutschen Angriff lange ignoriert. Deshalb konnte sie weder dem Ansturm der Wehrmacht etwas entgegensetzen, noch war sie ausreichend ausgerüstet, um die eigene Bevölkerung zu retten.

Der deutsche Besatzungsterror

Nur wenige Zivilisten wurden rechtzeitig evakuiert, sodass sich die Mehrheit der einheimischen Bevölkerung sowie tausende jüdische Polinnen und Polen, die 1939 nach dem deutschen Einmarsch in die UdSSR geflohen waren, schnell hinter der Frontlinie befanden und damit den deutschen Besatzern ausgesetzt waren. Das NS-Regime begann zügig, den so genannten Generalplan Ost umzusetzen. Dieser verfolgte eine breit angelegte Strategie, um die besetzten Gebiete Osteuropas auszubeuten und weite Teile der Bevölkerung, die als „rassisch minderwertig“ und „überflüssig“ eingestuft wurden, zu vernichten. Dies traf vor allem das sowjetische Judentum, aber auch hunderttausende andere Zivilisten sollten bis Sommer 1944 dem deutschen Besatzungsterror zum Opfer fallen.

Wenige Wochen, nachdem deutsche Truppen Orte eingenommen hatten – in manchen Gegenden sogar nur nach Tagen –, wurden einheimische Juden und Jüdinnen in Ghettos zusammengetrieben. In der Hauptstadt Minsk wurde Mitte Juli 1941 der „jüdische Wohnbezirk“ eingerichtet. Dort wurden bis zu 80.000 Frauen, Männer, und Kinder jeden Alters eng zusammengepfercht und nicht mehr ausreichend versorgt. Im August fanden erste groß angelegte Razzien statt, in deren Verlauf mehrere tausend jüdische Männer gefangen genommen und erschossen wurden. Bis zur vollständigen Vernichtung des Ghettos im Oktober 1943 kam es zu zahlreichen solcher Razzien und Mordaktionen gegen die Ghettobevölkerung. Schätzungen besagen, dass damals nur etwa 10.000 belarussische Jüdinnen und Juden das Minsker Ghetto überlebten.

In den vielen kleinen Dörfern und Kleinstädten des früheren Ansiedlungsrayons, auf den das Wohn- und Arbeitsrecht jüdischer Untertanen des russischen Zaren beschränkt war, ähnelte die Dynamik des Holocaust den Geschehnissen in Valyncy. Dort wurde die jüdische Bevölkerung oft manchmal nur einige Tage in einem Ghetto festgehalten. In vielen Fällen bestanden diese Ghettos nur aus einem einzigen größeren Gebäude, wie etwa einer Schule, oder einem Straßenzug, in dem sich alle Jüdinnen und Juden in wenigen Wohnhäusern einfinden mussten. Die Festsetzung in diesen Ghettos diente vielmals nur der Vorbereitung der Ermordung der jüdischen Einwohnerinnen und Einwohner.

Deutsche Einsatzgruppen, Wehrmachtskommandos und SS, unterstützt von litauischen, lettischen, ukrainischen und belarussischen Hilfswilligen, setzten den Holocaust sehr schnell um. Zum Ende des Frühjahrs 1942 waren die meisten der Jüdinnen und Juden in Belarus tot. Nur wenige große Ghettos wie in Minsk oder Białystok bestanden noch bis in den Herbst 1943 weiter. In drei Jahren ermordeten die deutschen Besatzer bis zu 90 Prozent der etwa 800.000 in Belarus lebenden Juden und Jüdinnen, zumeist in ihren Heimatorten.

Verbrechen in der Mitte der Gesellschaft

Der Holocaust in Belarus fand in der Mitte der Gesellschaft statt und hinterließ auch genau dort seine Spuren, sei es in der Form von Massengräbern oder in Verwerfungen des sozialen Gefüges. So beteiligten sich zahlreiche Einheimische an den „Judenaktionen“, wie auch Aleksandra B. erzählt. Heute wissen wir auch, dass andere Belarussen sich sogar die Möbel, das Geschirr oder das Haus ihrer getöteten früheren Nachbarn unter den Nagel rissen.

Oftmals waren diese Aneignungen reiner Habgier geschuldet, in vielen Fällen aber auch aus der eigenen Not geboren. Zahlreiche Menschen hatten ihre eigenen Häuser verloren, sei es im Kriegsgeschehen oder während der „Strafexpeditionen“ gegen Partisanen und deren (vermeintliche) Helfer. Insbesondere in den Jahren 1942 und 1943 unternahmen Wehrmacht und SS zahlreiche solcher Operationen, meist mit dem Ziel, die erstarkende Partisanenbewegung zu zerschlagen. Andere wie beispielsweise die Operation mit dem Kodenamen „Winterzauber“ wurden geplant, um etwa entlang der heutigen belarussisch-lettischen Grenze eine 40 Kilometer breite tote Zone zu schaffen, einen Landstreifen ohne Bevölkerung. Das zielte darauf ab, den Partisanen Unterstützung zu entziehen.

Valyncy und mehr als 150 andere Dörfer wurden während dieser Operation komplett zerstört. Vor allem die männliche Bevölkerung und Ältere wurden oft unterschiedslos getötet, Frauen und Kinder in Auffanglager getrieben, von wo aus sie entweder zur Zwangsarbeit nach Deutschland deportiert wurden – oder in Konzentrationslager wie das im lettischen Salaspils. Dort wurde Hunderten von kleinen Kindern Blut entnommen, um verletzte deutsche Soldaten damit zu versorgen. Viele der Kinder überlebten das nicht und starben an Hunger und Erschöpfung. Insgesamt fielen im Gebiet Verchnjadzvinsk bis zu einem Drittel der Bevölkerung dem Terror zum Opfer, in manchen Kreisen wie im Kreis Asweja sogar die Hälfte. Bis heute ist die Gegend dünn besiedelt geblieben und gilt als das ärmste Gebiet innerhalb der Republik Belarus.

Erfahrungen des ganzen Landes

Die Verbrechen, die in der Region Vicebsk (Witebsk) zwischen 1941 und 1944 begangen wurden, stehen für die Erfahrung des Landes als Ganzes. Belarus verlor ein Viertel oder gar ein Drittel der Bevölkerung während des Zweiten Krieges. Mehr als 1,2 Millionen Wohnhäuser in den ländlichen Gebieten lagen 1944 in Schutt und Asche. Bis zu 90 Prozent des städtischen Wohnungsbestandes und öffentlicher Gebäude waren zerstört. Über viele Jahre hinweg hausten Überlebende in Erdhöhlen oder zusammengepfercht in Wohnheimen oder Baracken. Es dauerte Jahrzehnte, bis es gelang, Landwirtschaft und Industrieanlagen wiederaufzubauen.

Das Trauma des Kriegsgeschehens ist bis heute nicht aufgearbeitet. Dabei lebt die Erinnerung an die Verbrechen in vielen Familien fort: die Ermordung der jüdischen Bevölkerung vor den Augen und unter Beteiligung von Einheimischen und das Abbrennen ganzer Dörfer samt deren Einwohnern; die gewaltsame Deportation von mehr als 380.000 Menschen zur Zwangsarbeit nach Deutschland, wo sie ausgebeutet und misshandelt wurden. Aber auch wer in die Heimat zurückkehrte, wurde in der Nachkriegszeit diskriminiert.

Umso erschreckender sind historische Parallelen zu Ereignissen aus dem Zweiten Weltkrieg, die sich in der Volksseele regelrecht eingebrannt haben. So wurden im Dorf Chatyn im März 1943 mehr als hundert Menschen in einer Scheune bei lebendigem Leibe von Wehrmachtsoldaten verbrannt.

Während der Proteste gegen die Wahlfälschungen bei der Präsidentenwahl wurde diese Erinnerung im Sommer 2020 wieder wach: Spezialtruppen der belarussischen Polizei (OMON) trieben am 26. August zahlreiche Demonstrierende in Minsk in die katholische Kirche St. Simon und St. Helena, vor deren verschlossenen Türen sich dann schwerbewaffnete Polizisten postierten und über längere Zeit den Ausgang versperrten. Zahlreiche Kommentatoren beschrieben diese Szene als „Chatyn 2020“.2 Obwohl Vergleiche zwischen der staatlichen Polizeigewalt des Lukaschenko-Regimes und dem deutschen Besatzungsterror problematisch sind und kritisch hinterfragt werden müssen, wird an einem solchen Beispiel deutlich, wie tief die Spuren sind, die der Zweite Weltkrieg in Belarus hinterlassen hat.

Gedenkstätte in Chatyn als symbolischer Ort

Die 1972 errichtete Gedenkstätte in Chatyn gilt als fester Bestandteil der belarussischen Erinnerungskultur. Neu ist dagegen, dass stärker erforscht wird, wie Dörfer zerstört wurden, und dass Zeitzeugen befragt werden. In vielen Fällen erweist sich die Geschichte als komplizierter denn bisher dargestellt oder muss sogar umgeschrieben werden. Das gilt vor allem für die historische Bewertung der Partisanenbewegung. Ihr wird heute vorgeworfen, die Angriffe der Wehrmacht auf einzelne Dörfer provoziert zu haben, beispielsweise in Chatyn.3

Die Komplexität der Gewaltdynamiken während der deutschen Besatzung führt teilweise zu einer Neubewertung der Geschichte, der sich immer mehr vor allem junge Menschen stellen wollen. Andere reagieren mit Unsicherheit darauf, dass sicher geglaubte Erkenntnisse ins Wanken geraten. Zahlreiche lokale Forschungs- und Denkmalprojekte zeigen ein Aufweichen der staatlich verordneten Kriegserinnerung, die nach wie vor sowjetischen Traditionen folgt und einen heroischen Partisanenkampf zelebriert.

Der Umgang mit der Vergangenheit ist auch für die deutsche Erinnerungsarbeit in Belarus relevant. Eines der zentralen Gedenkprojekte basiert auf einer belarussisch-deutschen Kooperation: In den Jahren 2015 und 2018 wurde jeweils ein Teil einer neuen Gedenkstätte am ehemaligen Vernichtungsort Maly Trostinec und Blagovščina eröffnet, was maßgeblich auf Betreiben deutscher Initiativen erst möglich wurde. In Maly Trostinec und dem nahegelegenen Wald Blagovščina wurden zwischen 60.000 und 200.000 Menschen ermordet, viele von ihnen Jüdinnen und Juden aus dem Minsker Ghetto.4 Zehntausende aus deutschen, österreichischen, slowakischen und tschechischen Städten wurden hier ebenso erschossen und verscharrt.

Bis in die frühen 2000er Jahre beschränkte sich das belarussische Gedenken in Trostinec auf „unschuldige Sowjetbürger, Partisanen und Kriegsgefangene“, die jüdische Herkunft der Mehrheit der Opfer blieb unerwähnt. Weite Teile des Areals lagen brach oder wurden als Müllhalde genutzt. Erst nach der Gründung der „Geschichtswerkstatt Leonid Levin“ als deutsch-belarussisches Kooperationsprojekt wurde die Rolle von Maly Trostinec als größtem Vernichtungsort auf deutsch-besetztem sowjetischem Territorium stärker im belarussischen und deutschen Bewusstsein verankert.

Späte Wiedergutmachung

Vor allem eine Wanderausstellung zur Geschichte des Lagers hat seit 2016 vielen Deutschen das Ausmaß nationalsozialistischer Gewalt in Belarus nähergebracht. Als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Juni 2018 die neue Gedenkstätte gemeinsam mit seinem belarussischen und seinem österreichischen Amtskollegen eröffnete, war es der erste Besuch eines deutschen Staatsoberhaupts in Belarus seit der Unabhängigkeit des Landes.

Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 hatte es zwar einige zivilgesellschaftliche Unterstützung für die Opfer gegeben, aber das Land als solches blieb in Deutschland lange nahezu unbekannt.

Erst nach der Unabhängigkeit der Republik Belarus gewährte der deutsche Staat in den 1990er Jahren erstmals begrenzte humanitäre Hilfen für Überlebende des Holocaust und des Zweiten Weltkrieges. Zu Entschädigungszahlungen für ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter kam es erst nach dem Jahr 2000. Die Anerkennung von Rentenansprüchen, die jüdische Überlebende durch ihre Arbeit in einem Ghetto erworben hatten, kam erst mit dem 2002 verabschiedeten Gesetz – und damit für viele Opfer zu spät. Sowjetische Kriegsgefangene erhielten erst 2015 das Recht, Entschädigungen zu beantragen. Da lebten aber nur noch 4.000 von den mehr als 5,3 Millionen früheren sowjetischen Soldaten, die in deutscher Gefangenschaft gewesen waren.

Dass die Anerkennung und Unterstützung für die Opfer des deutschen Vernichtungskrieges in Belarus so lange ausblieben, hat dazu geführt, dass viele Deutsche wenig über die in Belarus verübten NS-Verbrechen wissen. Eine vergleichbare Geste wie den berühmten Kniefall von Bundeskanzler Willy Brandt 1970 in Warschau hat es in Belarus bislang nicht gegeben. Es bleibt daher zu hoffen, dass die kürzlich vom Deutschen Bundestag beschlossene Dokumentations-, Bildungs- und Erinnerungsstätte zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Besatzungsherrschaft dieser in Deutschland verbreiteten Unwissenheit zumindest ein wenig Abhilfe schafft. Mit diesem überfälligen Projekt könnte auch an Erfahrungen wie die von Aleksandra B. und ihren jüdischen Nachbarn in Valyncy endlich angemessen erinnert werden.


Fußnoten


  1. Aleksandra B.: Verkhnedvinsk, Vitebskaia oblast. Interview vom 24. Juli 2008 (YiU 96B). Das Zeitzeugen-Interview wurde im Videoformat von der französischen Organisation Yahad-in Unum (YiU) geführt. ↩︎

  2. Siehe beispielsweise den Facebook-Eintrag der Gruppe Čaj z malinavym varennem, 26.08.2020, sowie die Kommentare www.facebook.com/belteanews/posts/2593732657605855↩︎

  3. Zur Einordnung von Chatyn in die deutsche Auseinandersetzung mit den Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs vgl. auch den Beitrag von Jörg Lüer: Katyn und Chatyn – Fragen an die gesellschaftliche Bedeutung von Erinnerung. In: OST-WEST. Europäische Perspektiven 3 (2002), H. 1, S. 45-51 (der gedruckten Ausgabe). ↩︎

  4. Vgl. auch das nachfolgende Interview↩︎