Auf der Suche nach Erfolgen: Der polnische Fußball zwischen Tradition und Transformation

aus OWEP 4/2013  •  von Diethelm Blecking

Prof. Dr. Diethelm Blecking ist am Institut für Sport und Sportwissenschaft der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg tätig.

Zusammenfassung

Die Entwicklung des polnischen Fußballs ist eng von der Geschichte der Nation im kurzen 20. Jahrhundert abhängig. Ihre großen Erfolge feierte die Nationalmannschaft in der Zeit der politischen Krise der Volksrepublik. Die Transformation zur Demokratie verlief schwierig und war von Korruption und sportlichen Misserfolgen begleitet. Die polnischen Fankulturen sind bis heute ein problematischer, zurückgebliebener Teil der polnischen Zivilgesellschaft.

Geschichte

Als Nation ohne 19. Jahrhundert geriet Polen erst mit Verspätung auf die Spur des modernen Kulturphänomens „Sport“. Aber die 1918 souverän gewordene Zweite Republik bediente sich schnell des Fußballsports zur Binnenintegration und auch zur Ableitung außenpolitischer Probleme in sportliche Konkurrenzen. Dafür zeugen die Spiele zwischen dem polnischen Teil Schlesiens und dem deutschen Schlesien: 20 Spiele zwischen 1924 und 1939. Das beweist auch die erstaunlich große Zahl von fünf Länderspielen mit Deutschland noch nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1938. Bei der Weltmeisterschaft in Frankreich 1938 schlug sich die „kadra“ vorzüglich, und noch kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs erzielten die Polen gegen die starken Ungarn ein 4:2 und demonstrierten, wie gut sie auf die Weltmeisterschaft 1942 vorbereitet gewesen wären. Das brutale deutsche Besatzungsregime verbot nach 1939 Sport für Polen als Teil des kulturellen Auslöschungsprogramms. Zahlreiche polnische Nationalspieler und hochklassig spielende Fußballer wurden von den Besatzern ermordet, die sportliche Infrastruktur zu einem großen Teil zerstört.

Goldene Jahre 1972 – 1982

Der polnische Fußball hat sich von diesen Wunden und Demütigungen lange nicht erholt. Die ganze Nation identifizierte sich mit der schlesischen Fußballikone Gerard Cieślik, als dieser beim 2:1 Sieg der polnischen Nationalmannschaft im Oktober 1957 in Chorzów über die Sowjetunion den legendären Torhüter Lew Jaschin zweimal bezwang. Cieśliks Vater war beim deutschen Angriff 1939 getötet worden, sein Bruder wurde zwangsweise zur Wehrmacht eingezogen und im Zweiten Weltkrieg getötet. Die tragische Geschichte Polens im „kurzen Jahrhundert“ war damit auch in dieser prägenden Figur des polnischen Fußballs präsent. Erst die Goldmedaille der „reprezentacja“ bei den Olympischen Spielen in München 1972 öffnete das Fenster zur internationalen Anerkennung. Mit dem „Wunder an der Themse“, dem 1:1 Unentschieden am 17. Oktober 1973 gegen England, wurden goldene Jahre eingeläutet, an denen die Leistungen des polnischen Fußballs bis heute gemessen werden. In London qualifizierte sich das Team für die Weltmeisterschaft 1974 in Deutschland. Die – laut Paul Breitner – beste Mannschaft des Turniers unterlag dort erst auf überflutetem Spielfeld, der „Wasserschlacht von Frankfurt“, dem späteren Weltmeister Deutschland. Im Spiel um den dritten Platz schlug Polen die Brasilianer und rückte endgültig in die oberen Ränge des Weltfußballs ein. Torschützenkönig des Turniers war der polnische Hochgeschwindigkeitsfußballer Grzegorz Lato. Für das kommunistische Regime in Polen und den Ersten Sekretär Edward Gierek kamen diese Siege wie gerufen. Das kleine polnische Wirtschaftswunder in der ersten Hälfte der siebziger Jahre ließ im Gleichklang mit einem internationalen sportlichen Erfolg für Momente jene Gemeinschaft zwischen den Polen entstehen, welche die Politik bisher nur plakativ beschworen hatte. Bei der Weltmeisterschaft 1982 in Spanien wiederholte die polnische Nationalmannschaft ihren Erfolg von 1974, diesmal mit Zbigniew Boniek als Spitzenspieler. Begleitet wurden die Spiele von Demonstrationen für die Solidarność vor und in den Stadien.

Neue Zeit

Olaf Sundermeyer, Kenner des osteuropäischen Fußballs, bezeichnet den organisierten Fußball in Polen nach der Wende „als letzte Bastion der ehemaligen sozialistischen Volksrepublik, durchdrungen von alten Seilschaften, Korruption, Vetternwirtschaft, Alkoholismus und Dilettantismus“.1 Der Übergang zum Profifußball im kapitalistischen Kontext spülte eine Menge Kapital in die Vereine, aber auch viele erstklassige polnische Spieler ins Ausland, unterwarf jedenfalls den Elitefußball noch unvermittelter dem Erfolg als dem einzigen Maßstab. Das nach Sieg oder Niederlage codierte, ethik- und moralfreie System des Leistungssports erzeugt global deviantes Verhalten. In Polen und anderen osteuropäischen Staaten wurde die Situation dadurch verschärft, dass sich der organisierte Fußball, ähnlich wie Parteien, Verbände und privatisierte Unternehmen mit dem vorhandenen Personal aus der Zeit der Volksrepublik arrangieren musste. Die alte Nomenklatura tauchte im neuen Gewande wieder auf. Dabei war der erste Präsident des Polski Związek Piłki Nożnej (PZPN, Polnischer Fußballverband) in der Nachwendezeit der legendäre Trainer der „Goldenen Mannschaft“ in den siebziger Jahren, Kazimierz Górski, der den Verband von 1991 bis 1995 führte, aber bei der Übernahme des Amtes bereits 70 Jahre zählte. In seiner Amtszeit verbuchte die polnische Nationalmannschaft, genauer gesagt die U-23, bei den Olympischen Spielen in Barcelona 1992 nach einer zehnjährigen Durststrecke wieder einen Erfolg: die Silbermedaille in einem dramatischen Endspiel gegen Spanien vor 95.000 Zuschauern im legendären Camp Nou.

Dieser Erfolg hätte den „Gründungsmythos des postsozialistischen Fußballs“ (Olaf Sundermeyer) darstellen können, wenn nicht die Qualifikationen für die Weltmeisterschaften 1990, 1994 und 1998 verfehlt worden wären und sich unter dem Präsidenten Michał Listkiewicz ein wegen seines Umfangs fast grotesk zu nennender Korruptionsskandal entwickelt hätte. Der ehemalige Sportjournalist und Schiedsrichter-Internationale, der inzwischen eine UEFA- und eine FIFA-Karriere2 nachweisen kann, verschliss in seiner neunjährigen Amtszeit vier Nationaltrainer, erreichte jedoch immerhin die Qualifikation für die Weltmeisterschaften 2002 und 2006 sowie die Europameisterschaft 2008. Doch erinnert wird aus seiner Präsidentschaft eher der seit dem Jahre 2004 laufende Korruptionsskandal. Zeitweilig führte das entstandene Chaos zu seiner Entlassung – mitsamt dem ganzen Vorstand des PZPN – durch das polnische Sportministerium. Dies rief wenige Jahre vor den Europameisterschaften in Polen und in der Ukraine die FIFA auf den Plan, die sich Einmischungen durch die Politik satzungsgemäß verbat und mit dem Ausschluss des polnischen Verbandes drohte. Listkiewicz wurde wieder eingesetzt, obwohl die Korruption ein unglaubliches Ausmaß erreicht hatte: Die Enthüllungen hatten im Sommer 2005 mit dem Abstieg des GSK Katowice aus der ersten Liga begonnen. Der Präsident des Vereins berichtete daraufhin frustriert über gekaufte Spiele und bestochene Schiedsrichter. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein und stellte fest, dass allein Widzew Łódź in der Saison 2004/2005 bei 12 Spielen den Schiedsrichter bestochen hatte. Am Ende standen 29 Vereine aus verschiedenen Ligen unter Verdacht und über 100 Spieler, Schiedsrichter und Fußball-Funktionäre gerieten in Untersuchungshaft, gegen 350 Personen wurde Anklage erhoben. Der Skandal endete mit Zwangsabstiegen sowie Geld- und Gefängnisstrafen, dann doch mit dem „freiwilligen“ Rücktritt der Spitze des PZPN Ende 2008. Nachfolger von Listkiewicz wurde der bereits genannte Nationalspieler der goldenen Jahre Grzegorz Lato.

Verwickelt in den Skandal war auch einer der polnischen Stars von Borussia Dortmund, Łukasz Piszczek, der 2006 für seinen Klub Lublin 2.500 Euro auf den Tisch gelegt hatte, um gemeinsam mit anderen zahlungskräftigen Spielern ein Spiel gegen Cracovia Kraków zu kaufen. Seine Sperre wurde Ende 2011 angesichts der Verpflichtungen für die Nationalmannschaft im Europameisterschaftsjahr 2012 und seiner wichtigen Bedeutung als Spieler für „Polonia Dortmund“, wie die Borussia bei vielen Fans inzwischen heißt, zur Bewährung ausgesetzt. Er zahlte am Ende 25.000 Euro für einen guten Zweck, auch die einjährige Haftstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Piszczek verlängerte kürzlich in Dortmund bis 2017, und diese Vertragsverlängerung verweist auf ein weiteres Problem des polnischen Fußballs in der Transformation: den Ausverkauf der Spieler in die zahlungskräftigen Länder. Die höchste polnische Liga, die seit 2011 „T-Mobile Ekstraklasa“ heißt, erreichte deshalb 2013 nicht einmal einen Platz unter den besten 20 Fußballligen in der Fünfjahreswertung der UEFA. Ihre Spielstärke entspricht in etwa der 2. Deutschen Bundesliga. Auch das Abschneiden der Nationalmannschaft leidet unter diesen Verhältnissen. Selbst die Verpflichtung ausländischer Spezialisten wie die des Holländers Leo Beenhakker als Coach zwischen 2006 und 2010 konnte nichts daran ändern, dass Polen bei den Weltmeisterschaften 2006 wie 2002 jeweils in der Vorrunde ausschied, sich für 2010 erst gar nicht qualifizieren konnte und bei den Europameisterschaften im eigenen Lande auch nicht über die Vorrunde hinauskam. Derzeit steht die „kadra“ in der Qualifikation für die Weltmeisterschaft gegen Brasilien nach einer 1:3 Niederlage in Warschau gegen die Ukraine auf einem fast aussichtslosen Posten – wieder wird wie vor vierzig Jahren die entscheidende Rolle ein Spiel gegen England in London im Oktober 2013 spielen.3

Nationales Trauma

Fußball, das „deep play“ (Clifford Geertz) der Moderne, befeuert die Konkurrenzen und facht nationalistische Diskurse an. In diesem Zusammenhang bleibt für Polen besonders schmerzhaft, bisher gegenüber dem Nachbarn Deutschland ohne Sieg zu sein. Die bereits erwähnte „Wasserschlacht“ in Frankfurt 1974 firmiert trotz beschwichtigender Statements des damaligen Trainers Kazimierz Górski so unter den historischen Ereignissen, in denen die Nation sich vom Schicksal benachteiligt fühlt. Nach dem nationalen Freudentaumel, den die Qualifikation beim „Wunder an der Themse“ 1973 ausgelöst hatte, wirkte Frankfurt, den Regen eingeschlossen, der das Spielfeld praktisch unbespielbar machte, wie eine kalte Dusche. Nicht verwunderlich, dass das Zusammentreffen der beiden Mannschaften bei Turnieren immer wieder mächtige nationale Emotionen auslöste. Während der Fußball-Europameisterschaften 2008 in Österreich und in der Schweiz kam es im Zusammenhang des Spieles zwischen Polen und Deutschland im österreichischen Klagenfurt am 8. Juni 2008 zu einer grotesken deutsch-polnischen Presseauseinandersetzung.

Titelseite von Springers „Fakt“

Die polnische Boulevardzeitung „Fakt“ titelte „Leo wiederhole Grunwald“ und zeigte den holländischen Coach der polnischen Mannschaft Leo Beenhakker in der Rüstung eines polnischen Ritters damit beschäftigt, dem Kapitän der deutschen Nationalmannschaft Michael Ballack – dieser als anachronistische historische Schimärenfigur mit Kreuzrittermantel und preußischer Pickelhaube ausstaffiert – den Kopf abzuschlagen.4

Überraschend war nicht, dass das deutsche Massenblatt „Bild“ sich wütend gegen diese „Hetze“ verwahrte, aber erhellend für den Kontext der interkulturellen „Kommunikation“ zwischen deutschen und polnischen Zeitungen erschienen zwei andere Aspekte: Zum einen wurde erst jetzt der Öffentlichkeit bewusst, dass die zwei Boulevardblätter, die sich hier anrempelten, beide im Besitz des deutschen Springer-Konzerns waren, zum anderen lieferte der Zeitungskrieg im selben Verlagshaus ein sehr schönes Beispiel, wie Fußball, die große Emotionsmaschine, sich ohne Mühe aus einem Reservoir historischer Symbole bedienen kann, um nationalistische Diskurse rund um die Events des Massensports zu initiieren, auch wenn alles schon fast über 600 Jahre zurückliegt: Beim Dorfe Grunwald besiegte 1410 das polnisch-litauische Ritterheer die Phalanx der deutschen Ordensritter. Die Deutschen nennen dieses Ereignis die Schlacht bei Tannenberg. Die beiden Zivilreligionen Sport und Nationalismus spielten sich die Bälle einander zu, und die konfliktreiche deutsch-polnische Beziehungsgeschichte liefert genügend Gelegenheiten und Symbole dafür. Noch immer sind die weißen Adler aus Polen ohne Sieg gegen die schwarzen Adler.

Hooligans und Ultras

Polnische Hooligans gelten in den Medien notorisch als äußerst gewaltbereit und hochgefährlich. Vor der Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 wurde in diesem Zusammenhang besonders vor dem Spiel zwischen Deutschland und Polen in Dortmund durch die Presse vor Ausschreitungen gewarnt, aber die sportlich erfolglosen Spiele der polnischen Mannschaft in Deutschland waren eher Heimat- und Familienfeste der Ruhrpolen. Nur auf dem Alten Markt in Dortmund kam es zur Konfrontation zwischen deutschen und polnischen Hooligans, die von der Polizei unterbunden wurde. Wieder einmal bestätigte sich, dass die Spiele der polnischen Nationalmannschaft weniger von den Hools frequentiert werden und sich der gewalttätige Neotribalismus der extremen Fußball-Hooligans eher in inneren Stammeskriegen niederschlägt, wie in den Auseinandersetzungen zwischen den Hooligans von Cracovia Kraków und Wisła Kraków, die zuletzt 2011 zu einem Toten führten. Messer, Äxte und Macheten sind die Waffen, mit denen beide Seiten in den Krieg ziehen.

Äußerst gewalttätig gestaltete sich auch der Zusammenprall zwischen russischen Fans und polnischen Hools vor dem Spiel Polen gegen Russland während der Europameisterschaft 2012 in Warschau. Das Spiel fand am russischen Unabhängigkeitstag statt, ca. 1.000 russische Fans marschierten geschlossen unter nationalen Symbolen zum Stadion. Dabei entfaltete sich ein regelrechter polnisch-russischer „Krieg“. Siebentausend Polizisten waren im Einsatz, 13 Streifenwagen wurden zerstört, Wasserwerfer, Tränengas und Gummigeschosse waren im Einsatz, und am Ende wurden 157 polnische Hooligans und 24 Russen festgenommen. Was aber als politisches Signal gewertet wurde, war das Lob für die polnischen Hooligans durch den Warschauer Ratsabgeordneten Maciej Maciejowski. Der Politiker gehört zur nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) von Jarosław Kaczyński. Das Statement von Maciejowski bestätigt die aktuelle politische Analyse des Polityka-Journalisten Jacek Zakowski, dass sich in Polen z. Zt. eine gefährliche Duldung rechtsextremer und nationalistischer Jugend durch die PiS, aber auch durch Stadtregierungen, rechtskatholische Medien und teilweise sogar die Polizei registrieren lässt. So entsteht ein xenophobes, antisemitisches und rechtsextremes antidemokratisches Umfeld, das bei Wahlen zwar chancenlos ist, aber einen aggressiven undemokratischen Habitus salonfähig macht, der inzwischen sogar die Universitäten erreicht hat. Die Fußball-Hooligans sind integraler Bestandteil einer rechtsextremen informellen Bewegung, der auch Beziehungen ins Drogenmilieu nachgesagt wird.

Die häufig ventilierte Einschätzung, das Problem habe sich erledigt, wird auch durch die Ereignisse während der Meisterfeier von Legia Warschau im selben Juni 2013 widerlegt, als die Hools noch einmal ihre Zerstörungskraft demonstrierten und Biergärten und Kneipen zerlegten. Das Augenmerk sollte aber sicherlich auf das politische Umfeld gerichtet werden, dass die Hooligans als nützlich begreift. Nicht vergessen werden darf dabei, dass auch in Polen eine Kultur der Ultras besteht, die friedlich, teilweise sozial engagiert, an Choreographien und Performances arbeiten, die Teil einer familiären, geselligen Identitätsbildung im Kontext des Vereinsfußballs sind.

Fazit

Der polnische Elitefußball spiegelt die komplizierte Geschichte der Nation seit der Wiedererrichtung des Nationalstaates nach dem Ersten Weltkrieg. Die Hochzeit des polnischen Fußballs entfaltete sich nach dem Zweiten Weltkrieg ausgerechnet in der Zeit der Krise der Volksrepublik, die dann zum Untergang dieser Form politischer Herrschaft führte. Der hochattraktive, schnelle Offensivfußball, den die „kadra“ zelebrierte, lässt sich schwerlich als Produkt der politischen Kultur dieser Zeit interpretieren, wie es häufig auch für die deutsche Nachkriegsgeschichte versucht wird. Die damaligen Stars, u. a. Grzegorz Lato und Zbigniew Boniek, die ja schon vor der Wende ihr Glück im Ausland versuchen durften, waren eher Vorboten der kommenden Transformation. Mit einem gewissen historischen Recht wird der polnische Verband heute deshalb von Zbigniew Boniek geführt. Nicht von ungefähr war sein glückloser Vorgänger Lato politisch als Senator für die Postkommunisten in Polen tätig, die nach der Wende die alte Struktur der persönlichen Beziehungen, Seilschaften und Verbindlichkeiten in die neue Zeit retteten. Auf der anderen Seite wurde der polnische Fußball von der Globalisierung und dem Ausverkauf ihrer Spieler an zahlungskräftige Vereine in Westeuropa überrollt. Dass die polnischen Stars von „Polonia Dortmund“ seit Februar 2013 auf dem polnischen Markt für die schwer angeschlagene deutsche Traditionsmarke Opel werben, ist in diesem Zusammenhang ein interessanter Reflex. Die neotribalistischen Regressionen auf der Ebene der Fankulturen spiegeln indessen die Tatsache, dass die Entwicklung der Zivilgesellschaft in Polen nicht mit der rasanten ökonomischen Entwicklung Schritt gehalten hat.


Fußnoten:


  1. Olaf Sundermeyer: Tor zum Osten. Besuch in einer wilden Fußballwelt. Göttingen 2012, S. 9. ↩︎

  2. UEFA: Union des Associations Européennes de Football; FIFA: Fédération Internationale de Football Association. ↩︎

  3. Im entscheidenden Spiel am 15.10.2013 gewann England gegen Polen mit 2:0; Polen nimmt somit nicht an der Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien teil (Anm. d. Redaktion). ↩︎

  4. Die vorliegende Bildfassung ist einem Beitrag der „Neuen Rheinischen Zeitung“ vom 06.06.2008 mit freundlicher Genehmigung von Herrn Peter Kleinert entnommen (http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=12500&css=print; letzter Zugriff: 10.01.2017). ↩︎