OWEP 4/2001
Schwerpunkt:
Ost / West – Brücken und Gräben
Editorial
Mehr als ein Jahrzehnt nach dem Ende des Kalten Krieges ist das von manchen Euphorikern verheißene „Ende der Geschichte“ nicht eingetreten. Gerade in Europa und besonders in den Ländern, denen sich Renovabis eng verbunden fühlt, haben sich vielerorts neue Gräben aufgetan. Es bedarf großer Anstrengung, Brücken darüber zu bauen.
Sechs Beiträge gehen das Leitthema aus verschiedenen Blickwinkeln an. Hans Maier untersucht den Begriff „europäische Kultur“ als verbindendes Element zwischen Ost und West. Eugen Hillengass stellt aus eigenem Erleben dar, wie Renovabis seit seiner Entstehung Brücken gebaut, aber auch immer wieder mit alten und neuen Gräben zu kämpfen hat. Dagmar Heller zeichnet ein ernüchterndes Bild über den Stand der ökumenischen Beziehungen zwischen den orthodoxen und den protestantischen Kirchen. Vergangenheit und Gegenwart Polens werden in zwei Beiträgen sichtbar, zum einen in einem Essay von Jarosław Makowski zum Fortleben des „homo sovieticus“, zum anderen in einer biographischen Skizze von Adam Boniecki über Stefan Kardinal Wyszyński. Brüche und Gräben sind ebenso in der Schilderung von Ketevan Bachia über ihre Jugend in Georgien nachzuempfinden.
Stand und Entwicklung der Ökumene, diesmal aus katholischer Sicht, stehen im Mittelpunkt des Interviews mit Walter Kardinal Kasper, das Johannes Oeldemann vorbereitet hat. Zwei kürzere Beiträge von Matthias Kneip und Hans-Jürgen Bömelburg gelten den zwischen Deutschen und Polen einerseits, Polen und Russen andererseits bestehenden Klischees. Abschließend stellt Michael Albus im Porträt Franz Kardinal König vor, einen der profiliertesten Brückenbauer zwischen Ost und West.
Niemand kann sich der beklemmenden Bilder erwehren, die am 11. September 2001 die Welt erschüttert haben. Weltweit sind Gräben sichtbar geworden, die sich als feine Haarrisse schon lange angedeutet hatten. Umso mehr gilt es, mit Augenmaß an einer ernsthaften Verständigung zwischen den Völkern zu arbeiten. Nur so können die Gräben schmäler, die Brücken tragfähiger werden.
Die Redaktion